Paid Content in der Pirate Bay

Das neue Geschäftsmodell der Pirate Bay nimmt Formen an und die neuen Eigentümer rekrutieren einen ehemaligen Grokster-Chef als Piratenkapitän. Unterdessen interessiert sich die Musikindustrie für die Millionen, die im Zuge der Übernahme fließen sollen.

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Die Piratenbucht soll wieder gesellschaftsfähig werden. Zwei Wochen nach Bekanntwerden der überraschenden Übernahme des Torrent-Trackers durch eine schwedische Agentur zeichnen sich weitere Konturen des neuen Geschäftsmodells ab, mit dem The Pirate Bay eine legale Zukunft haben soll. Als Piratenkapitän haben die neuen Eigentümer dafür einen alten Bekannten aus der P2P-Szene rekrutiert: Wayne Rosso, ehemaliges Grokster-Oberhaupt.

In einem Blog-Eintrag kündigte Rosso seinen neuen Job an und verrät in einem Interview mit CNet News, wie sich die neuen Eigentümer bei Global Gaming Factory X die Zukunft der Pirate Bay vorstellen: Der Torrent-Tracker wird kostenpflichtig. Filesharer dürfen sich auf eine "kleine" monatliche Nutzungsgebühr einstellen, die allerdings sinken kann. "Je mehr deiner Computer-Ressourcen du dem Netzwerk zur Verfügung stellst, desto weniger zahlst du, runter bis Null", erklärte Rosso.

Das ist die andere Seite des Geschäftsmodells: Aus dem Torrent-Netz soll eine riesige Cloud entstehen, deren Kapazitäten die neuen Eigner an zahlende Kunden vermarkten wollen. Dabei geht es um die Ressourcen des Heimrechners, der Speicherkapazitäten liefern kann, sowie die Bandbreite am Internetzugang des Nutzers. Inhalteanbieter sollen so Content wie Musik oder Videos kostengünstig verbreiten können. Weitere Einnahmen sollen aus der Werbevermarktung kommen. Damit sollen die Rechteinhaber zufriedengestellt und die Verbreitung ihrer Inhalte über das Torrent-Netzwerk legalisiert werden.

Allerdings werfen die Pläne auch ein paar Fragen auf. So dürften Zugangsanbieter, die ohnehin schon über Belastungen durch Filesharing-Traffic klagen, kaum einsehen, warum sie mit ihren Kapazitäten die Geschäftsmodelle anderer Unternehmen subventionieren sollen. Die Kosten werden im Zweifelsfall an den Kunden weitergegeben, sodass am Ende jeder Zugangskunde für das Geschäftsmodell der Piraten mitbezahlt. Die neuen Eigentümer behaupten dagegen, die ISP könnten mit P2P ihre Netze nachhaltig entlasten. Das setzt voraus, dass die Karawane nicht einfach weiterzieht und sich in einer kostenpflichtigen Piratenbucht auch genug Nutzer tummeln, um die nötigen Kapazitäten bereitzustellen. Ob Rosso diese ambitionierten Pläne umsetzen kann, wird also spannend.

Immerhin hat er einschlägige Erfahrungen mit P2P sammeln können. Von Grokster wechselte der bullige Manager, der Vertreter der Musikindustrie schon mal mit Stalin verglich, zum Hersteller der spanischen Filesharing-Software Blubster. Später versuchte sich Rosso schon einmal an einem legalen P2P-Projekt. Doch trotz Unterstützung durch Major-Labels wie Sony BMG (jetzt Sony Music) oder EMI fand der für Ende 2006 erwartete Start von Mashboxx nie statt. Ob die Musikindustrie bei der neuen Pirate Bay mitspielt – die Plattenfirmen wären beispielsweise ein möglicher Kunde für die "P2P Cloud" – ist allerdings fraglich.

Rosso hat inzwischen Kontakt zur Branche aufgenommen und erste Gespräche geführt. Die Labels scheinen sich laut CNet allerdings zunächst für die 60 Millionen Kronen (rund 5,5 Millionen Euro) zu interessieren, die für die Übernahme fließen sollen. Die Pirate-Bay-Macher waren im April erstinstanzlich zu Haftstrafen und Schadensersatz in Höhe von 30 Millionen Schwedischen Kronen (2,75 Millionen Euro) verurteilt worden. Dass die verurteilten Piraten behaupten, gar nicht Nutznießer des Verkaufs zu sein, scheint die Musikindustrie nicht davon abhalten zu können, die Summe eintreiben zu wollen.

Siehe dazu auch:

(vbr)