Proteste gegen britisches Einreise-Überwachungsprogramm E-Borders

Datenschützer und EU-Parlamentarier kritisieren das vor kurzem offiziell gestartete Überwachungssystem, mit dem London alle Ein- und Ausreisebewegungen zu Land, Wasser und in der Luft zentral erfassen will.

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Datenschützer und EU-Parlamentarier kritisieren das im Geheimen entwickelte und vor kurzem offiziell gestartete britische Überwachungssystem E-Borders, mit dem London alle Ein- und Ausreisebewegungen zu Land, Wasser und in der Luft zentral erfassen will. So hat der Düsseldorfer Kreis der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich die zunächst gewünschte Übermittlung von Passagierdaten durch Fluggesellschaften in Deutschland an die britischen Zoll- und Sicherheitsbehörden für innereuropäische Flüge für unzulässig erklärt (PDF-Datei). Die Bundesregierung haben die Datenschützer gebeten, entsprechenden Forderungen aus Großbritannien entgegenzutreten.

Die durch das E-Borders-Projekt konkretisierte britische Gesetzgebung zu Grenzkontrollen berührt laut dem Düsseldorfer Kreis den freien Reiseverkehr in der EU. Sie beziehe sich zudem auf Belange, die nicht allein in der Regelungskompetenz der Briten lägen. So würden Datenerhebungen in anderen Mitgliedsstaaten und die Weitergabe der personenbezogenen Informationen verlangt. Für einen solchen "verdachts- oder gefahrunabhängigen" Datentransfer gebe es aber im deutschen Datenschutzrecht keine Grundlage. Die Übermittlung der Reservierungsdaten sei ferner verfassungsrechtlich bedenklich und auch fraglich im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Auch bei der Erhebung von Ausweisdaten gehen die Briten den Datenschützern zufolge über EU-Vorgaben hinaus, da auch Angaben über innerhalb Europas beförderte Personen verlangt würden. Hier prüfe die EU-Kommission gerade die Rechtslage. Bis zu einer erfolgten Bewertung drängt der Düsseldorfer Kreis darauf, dass die Erhebung und Weitergabe von Pass- und Ausweisdaten für innereuropäische Flüge unterbleibt.

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Eva Lichtenberger, protestiert ebenfalls gegen das Vorhaben Londons, "Bewegungsprofile aller Passagiere zu erstellen". Das E-Borders-Programm verletzt ihrer Ansicht nach die Grundprinzipien des Datenschutzes in der EU und sei grundrechtswidrig. Aus guten Gründen läge derzeit der umstrittene Plan Brüssels zum 13-jährigen Sammeln und Auswerten von Passenger Name Records (PNR) auf Eis. Es könne daher nicht angehen, dass die Briten mit ihrem Datenerfassungsprogramm vorpreschten und sogar die Weitergabe genauer Reisehistorien verlangten. Dies gehe weit über eine künftige EU-Regelung hinaus. Lichtenberger verurteilte daher den Alleingang Großbritanniens, der auf die endgültige Aushebelung des Datenschutzes in der EU abstelle, "aufs Schärfste". Das EU-Parlament und der zuständige Justizkommissar Jacques Barrot müssten sich des Falls baldmöglichst annehmen.

Die Lufthansa und die Austrian Airlines weigern sich laut einem Bericht von Futurezone bislang, PNR aus ihren Buchungssystem an die Briten weiterzugeben. Sie berufen sich darauf, dass ein entsprechender Datentransfer nach deutschem Recht illegal sei. Das habe man den zuständigen Behörden in London mitgeteilt und seitdem in dieser Angelegenheit zunächst nichts mehr gehört.

Weiter heißt es, dass die Passagierdaten von einem Trusted Borders Consortium verwaltet würden, das vom US-Rüstungskonzern Raytheon angeführt werde. Die Finanzplanung für E-Borders habe die britische Niederlassung der US-Beratungsfirma KPMG übernommen. Beteiligt sei auch deren Mitbewerber Accenture, der als Generalunternehmer für das ähnlich angelegte "US Visit"-System des Heimatschutzministeriums im Washington zuständig ist. Es sei so allein von den technischen Gepflogenheiten des Data-Warehousing her anzunehmen, dass die von den Briten gesammelten Datenmenge europäischer Reisende auch in den USA landen würden. (Stefan Krempl) / (jk)