Das JPEG-Patent -- ein alter Hut?

Deutsche JPEG-Experten haben die zweite Runde der Debatte um das umstrittene Forgent-Patent eröffnet -- sie wollen erste Beweise für "Prior Art" gefunden haben.

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Deutsche JPEG-Experten haben die zweite Runde der Debatte um das umstrittene Forgent-Patent Coding system for reducing redundancy eröffnet, das Verfahren beschreiben soll, wie sie auch im JPEG-Kompressionsalgorithmus verwendet werden. Wenige Wochen, nachdem das JPEG-Komitee zur Gegenwehr trommelte, präsentieren Dr. Klaus Jung von AlgoVision LuraTech und Professor Rudolf Sailer von der TU Berlin erste Beweise für "Prior Art", also Beispiele dafür, dass die im Patent genannten fraglichen Verfahren schon vor der Anmeldung des Patents durch Forgent angewandt oder zumindest veröffentlicht wurden.
Dabei räumen die Autoren allerdings auch ein, dass das JPEG-Kodierverfahren und die in US-Patent 4,698,672 beschriebenen Algorithmen einander ausreichend nahe kommen. JPEG wäre also in der Tat betroffen, sollte das Patent gültig sein. Als Gegenbeweis dienen vier Veröffentlichungen aus den Jahren 1971 bis 1984, die den Einsatz dieser Techniken bei der Bildkompression behandeln -- das Patent wurde aber erst im Oktober 1986 eingereicht.
Bleibt die Frage, ob nun endlich Ruhe im Karton herrscht: Forgent verschwindet mitsamt seinem Patent da, wo es hergekommen ist, nämlich in relativer Bedeutungslosigkeit; das Web freut sich und produziert mehr bunte Bilder denn je. Nur Forgents Referenzkunde Sony ärgert sich zusammen mit einem unbekannten japanischen Kamerahersteller: Denn beide haben schon bezahlt.
Doch ganz so einfach ist die Sache leider nicht, wie auch Klaus Jung gegenüber heise online zugibt. Selbst wenn das JPEG-Komitee tonnenweise Prior Art anhäuft, fällt damit nicht automatisch das Patent. Forgent könnte weiterhin sein Lizenzprogramm durchziehen und seine Liste potenzieller "Kunden" planmäßig abarbeiten. Wie bei Sony und dem großen Unbekannten bleibt dann die Entscheidung, stillschweigend zu zahlen oder den Aufstand zu proben. Vor Gericht könnte man zumindest die Meinung namhafter Experten und das Prior-Art-Material einbringen. Ob das reicht, um die Forderungen der Texaner zurückzuweisen? "Mit großer Wahrscheinlichkeit", meint zumindest Jung.