IFA

Internet im Fernseher: Die lange Geschichte geht weiter [Update]

Internetdienste auf den Fernsehschirm zu bringen und damit die Netz-Generation wieder häufiger vor die Glotze zu locken ist eine Herausforderung, der sich die Gerätehersteller nun schon seit Jahren stellen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Verschmelzung der Couchkartoffel mit dem Digerati gehört zu den anspruchsvolleren Projekten der menschlichen Evolution. Seit der ersten Dotcom-Euphorie versuchen sich immer wieder Firmen an der technischen Lösung des Problems, Surfstation und Fernsehen zu fusionieren. Auf der IFA-Preview am heutigen Mittwoch in Hamburg versuchten sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Internet im TV – Das Ende der langen Geschichte der Konvergenz" an einer Standortbestimmung.

Seit sechs Wochen läuft Philips Net-TV im Echtzeit-Betrieb. In Hamburg nannte ein Philips-Sprecher die auf CE-HTML fußende Technik einen "durchschlagenden Erfolg". Rund 60 Inhalte-Anbieter machen in Deutschland mit, europaweit kommt man nach Angaben von Philips bereits auf mehr als 150 Angebote. Prominentester Neuzugang dürfte die Mediathek des ZDF sein, die laut Philips zum Start der IFA freigeschaltet wird. Gegen Philips steht Samsung in Allianz mit Yahoo, die mehr als 4000 Widget-Programmierer animieren wollen, ihre Inhalte an eine Bildschirmleiste zu tackern. Zur Podiumsdiskussion fand sich schließlich ein auch Vertreter von Panasonic ein, das mit Viera Cast eine proprietäre Zugangsform zu Internet-Inhalten vorgestellt hat.

Gleich der mit dem Start der Podiumsdiskussion kippte die Debatte ins Absurde. Jan Wendt von der Agentur MMH, die in Sachen "webbasiertes Fernsehen" Philips berät, setzte sich mit dem "Lean-Back-Bereich" auseinander. So bezeichnete Michael Stenberg zuvor eine Zeitspanne von etwa 21:00 bis 22:00, in der auch die junge, netzaffine Generation TV glotzt und sich nur gelegentlich über Dinge im Internet informieren will. In dieser magischen Stunde soll Fernsehen mit Internet punkten. In dieser Zeit sollen auch ältere, wahrscheinlich volksmusikallergische Fernsehnutzer geneigt sein, sich über das Internet zu informieren. Man mag es glauben oder nicht: für diese relativ kurze Zeitspanne betreiben die Geräteproduzenten einen enormen Aufwand, den Anwender an sich zu binden. Wendt sah mit Philips WebTV einen Ansatz, über die Stunde hinaus eigenständige Web-Angebote an den Zuschauer zu bringen. Doch der Aufwand soll sich lohnen, wie der bekannte Moderator Andreas Türck bekannte: "Wir wissen alle zusammen noch nicht, was wirklich zieht. Wir müssen das Fernsehen wieder langsamer machen, damit der Anwender in Muße konsumieren kann."

Doch der Aufwand soll sich lohnen, wie der TV-bekannte Moderator Andreas Türck formulierte: "Wir wissen alle zusammen noch nicht, was wirklich zieht. Wir müssen das Fernsehen wieder langsamer machen, damit der Anwender in Muße konsumieren kann." Seine Firma Pilot Entertainment produziert Internet-TV-Inhalte, allerdings für den PC – bester Kunde ist Otto. Türck zeigte sich sehr skeptisch, ob der typische Fernsehkonsument wirklich seine TV-Nachrichten zusammenstellen wird wie der aktive Surfer seine RSS-Feeds.

Volker Blume, Projektleiter Net-TV bei Philips, nannte den Start der Programmierung ein Experimentierfeld. Mit anderen Systemen wie dem von Yahoo sei man sich einig, dass es gelingen müsse, ein Ökosystem zu schaffen. Internet im TV müsse eine eigene Qualität und Anziehungskraft haben, wie sie Twitter bei der Kommunikation erzeugt habe. Das brachte wiederum Andreas Türck auf den Plan, der an den Hype um Second Life erinnerte.

Die Diskussion um Internet im TV zeigte vor allem, dass die lange Geschichte noch nicht zu Ende ist. Zigtausende von drahtlosen Tastaturen in Hotelzimmern für das Tippen von Mails ins Hotel-TV erinnerten den Moderator Heinlein daran, dass dabei nicht nur Erfolgsgeschichten geschrieben werden. (Detlef Borchers) / (vbr)