Abmahnung wegen Details zu Personalausweisprüfziffern

Ein privater Webseitenbetreiber ist von einer Münchner Anwaltskanzlei kostenpflichtig abgemahnt worden, weil er Details zur Berechnung von Personalausweisprüfziffern veröffentlicht hatte.

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Von
  • Torsten Kleinz

Ein privater Webseitenbetreiber ist von einer Münchner Anwaltskanzlei kostenpflichtig abgemahnt worden, weil er Details zur Berechnung von Personalausweisprüfziffern veröffentlicht hatte. Nach Angaben des Chaos Computer Club (CCC) handelten die Anwälte im Namen der Firma Erodata, die diese Prüfziffern zur Altersverifikation nutzt.

Erodata ermöglicht über ihr Portal den Zugang zu pornographischen Seiten in Deutschland. Nach eigenen Angaben hat das System 3,5 Millionen Kunden, davon seien 50.0000 fest angemeldet. Über 42.000 Webseiten nutzten ueber18.de als Altersverifikation. Der Kunde muss auf dem Online-Anmeldeformular nur E-Mail-Adresse, Passwort und die maschinenlesbare Zeichenfolge am unteren Rand des Personalausweises eingeben, um sich als volljährig auszuweisen.

Laut CCC ist die Zeichenfolge jedoch nicht als Beweis für die Volljährigkeit zu werten. Bereits 1987 sei der Algorithmus zur Erstellung einer solchen Zeichenfolge in dem Clubmagazin Datenschleuder veröffentlicht worden. Große Probleme bereitet das Erstellen von frei erfundenen Personalausweisnummern nicht. Im Personalausweisgesetz ist veröffentlicht, welche Angaben in diesem Bereich auftauchen. Geburtsdatum und Gültigkeitsdatum sind umgruppiert, dazu kommen Behördenkennziffer, ein Teil der Seriennummer des Ausweises und ein D für die deutsche Staatsangehörigkeit. Allein die Formel zur Berechnung der vier Prüfziffern am Ende der Ziffernblöcke ist von öffentlicher Seite nicht zu erfahren. Allerdings ist die Berechnung kein großes Problem: die einzelnen Ziffern werden mit bestimmten Faktoren multipliziert und die letzte Ziffer der Quersumme als Prüfziffer verwendet. Auf den Seiten des CCC ist ein Script veröffentlicht, das zufällig Zeichenketten erzeugt, die vom Altersverifikationssystem von Erodata als korrekt anerkannt werden.

Auch auf der abgemahnten Seite, die inzwischen entfernt wurde, war ein "Testprogramm" zu finden, das solche Zeichenketten erzeugte, dazu Links auf die Seiten ueber18.de und freiab18.de. Die Anwälte sahen dies als unzulässigen Eingriff in den Gewerbebetrieb von Erodata. Nach eigenen Angaben hatte sich der Webmaster vor Veröffentlichung seiner Sicherheitsbedenken per Mail an die Betreiber von ueber18.de gewandt ohne eine Antwort zu erhalten.

Die Firma steht vor einem Dilemma. Laut Paragraph 184 des Strafgesetzbuchs dürfen pornographische Schriften nur Personen über 18 Jahren zugänglich gemacht werden. Sollte die Altersverifikation von ueber18.de als unzureichend eingestuft werden, entfiele die Geschäftsgrundlage der Firma, die das Angebot allein über Werbung finanziert.

Auch die User müssten mit Konsequenzen rechnen. Denn ohne ein solches System ist der anonyme und kostenfreie Zugang zu pornographischen Seiten in Deutschland auch für Erwachsene nicht offen. Nach Auffassung von Jugendschutz.net ist eine zuverlässige Altersfeststellung nur bei kostenpflichtigen Angeboten möglich.

Erodata-Gründer Huch sieht das anders. Es gehe darum, Jugendliche vor der unfreiwilligen Konfrontation mit Pornographie zu schützen. Wer sich mit einer falschen Nummer bei ueber18.de anmelde, wolle bewusst auf Pornographie zugreifen. Falls das über deutsche Seiten nicht möglich sei, würde er sich eben auf ausländischen Seiten bedienen.

Erodata ist allerdings nicht völlig sicher, dass ihre Rechtsauffassung auch vor Gericht bestehen könnte. Auf der Webseite heißt es "Einen vollkommenen Schutz können leider auch wir nicht gewährleisten. Bisher gibt es kein einziges anerkanntes Jugendschutzsystem. Wir arbeiten jedoch daran, Rechtssicherheit zu gewährleisten." (Torsten Kleinz) / (wst)