Celine Dion legt iMacs lahm

Die Wiedergabesperre "Key2Audio" für Audio-CDs zeigt ihre Zähne: Das aktuelle Album von Celine Dion kann unter Umständen das System lahm legen.

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Von
  • Gerald Himmelein

"I Surrender" heißt ein Titel auf der aktuellen CD von Celine Dion, "A New Day Has Come". Es könnte der Klagegesang eines iMac sein, der die Scheibe ins Laufwerk geschoben bekommen hat und seither keinen Mucks mehr von sich gibt.

Der Fairness halber sei erwähnt, dass auf dem CD-Cover vorne und hinten eine deutliche Warnung prangt: "Auf PC/Mac nicht abspielbar." Der Scheibe fehlt sogar das sonst für Audio-CDs typische Logo "Compact Disc Digital Audio": Stattdessen findet sich auch hier die gleiche Warnung. Wer die CD dennoch unbekümmert ins CD- oder DVD-Laufwerk legt, wartet im günstigsten Fall ein paar Minuten und erhält dann eine Fehlermeldung vom Betriebssystem.

Mac-Anwender erleben jedoch wesentlich drastischere Probleme: In einigen Apple-Rechnern verweigert das Laufwerk lediglich die Wiedergabe, bei anderen hängt der Finder -- und das sogar unter Mac OS X. Besonders hart erwischt es Macs mit integriertem DVD-R-Brenner von Pioneer, in Apple-Parlance "SuperDrive" genannt. Dazu gehört auch der lampenähnliche neue iMac mit Flach-Display.

Hier bleibt Mac OS 9 beim Einlesen stehen und friert auch beim Neustart schon beim Bootvorgang wieder ein. Unter Mac OS X widersetzt sich der Finder sämtlichen Versuchen, das System noch unter Kontrolle zu bekommen. Nach dem Neustart ignoriert der Rechner das SuperDrive komplett; so versagt auch der in die Tastatur integrierte Auswurfknopf. In derartigen Situationen wünscht man sich einen Eject-Button direkt am Laufwerk. Nur mit Tricks lässt sich der Rechner noch zum Auswurf des sperrigen Mediums überreden.

Die von Sonys österreichischem DADC-Presswerk hergestellte CD arbeitet mit einer verschärften Variante des Kopierschutzes "Key2Audio", der CD-ROM-Drives daran zu hindern versucht, Audio-CDs wiederzugeben oder gar in MP3 zu kodieren. Dazu verweist ein Pointer im Inhaltsverzeichnis auf eine zweite Session, die aber nur Datenmüll enthält und damit das Laufwerk lähmt. HiFi-CD-Player ignorieren den Datentrack meist und geben die CD problemlos wieder.

Einige Online-Medien berichten, die CD würde gar die Firmware des SuperDrive zerstören. Dies konnte heise online im Test nicht nachvollziehen.

Mehrere Methoden führen wieder zu einem funktionsfähigen iMac. Apple selbst nennt gleich vier Alternativen -- die bei uns alle nicht zuverlässig funktionierten. Weder der stetige Druck auf die Maustaste beim Rechnerstart noch der Auswurf-Button von iTunes holten die CD aus dem Schacht. Selbst der Start im "Open Firmware" Modus und die Eingabe des Befehls "eject cd" blieben folgenlos.

Ein von Apple nicht dokumentierter Trick beförderte die CD zumindest in einigen Fällen aus dem Laufwerk. Dazu startet man den Rechner zunächst unter Mac OS X; wer normalerweise mit Mac OS 9 arbeitet, muss dazu beim Hochfahren die X-Taste gedrückt halten. Nach erfolgreichem Start versetzt man den Rechner in den Ruhezustand und weckt ihn nach wenigen Sekunden wieder auf. Hält man dabei die Auswurftaste auf der Tastatur gedrückt, öffnet sich die Laufwerkschublade -- allerdings nicht bei jedem Rechner und nicht jedes Mal.

Wer sich traut, seinem eleganten Mac mit der Büroklammer zu Leibe zu gehen, kann die CD auch so wieder ans Tageslicht befördern. Dazu öffnet man die Klappe zunächst mit sanftem Druck und langen Fingernägeln. Dann biegt man eine Büroklammer gerade und schiebt sie vorsichtig in eine kleine rechteckige Aussparung direkt unter dem CD-Tray. Dort findet die Klammerspitze in einer wenige Millimeter breiten Aussparung Platz. Sie betätigt einen schwergängigen Hebel, der das Tray ein paar Zentimeter aus dem Gehäuse schiebt.

Neben dem Celine-Dion-Titel nennt Apple auch "Laundry Service" von Shakira und "J To Tha L-O" von Jennifer Lopez als kritische Musik-CDs, die Macs aufs Kreuz legen können. Listen mit kopiergesperrten Audio-CDs finden sich unter anderem auf Eurorights.org und Fat Chuck's. (ghi)