Luca-App: Mecklenburg-Vorpommern beginnt mit Kontaktverfolgung

Gaststätten und andere Einrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern können ab sofort die Luca-App einsetzen. Die Gesundheitsämter im Nordosten sind angedockt.

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(Bild: Kzenon/Shutterstock.com)

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Die Gesundheitsämter in Mecklenburg-Vorpommern sind am Freitag an das System der Luca-App angeschlossen worden, um die Kontakte von Corona-Infizierten schneller ermitteln zu können. Ab sofort können Einrichtungen – wie Geschäfte, Gaststätten, Kulturbetriebe, Hotels, Behörden und andere – und ihre Besucher im ganzen Nordosten die Luca-App nutzen. Die Gesundheitsämter können dann im Fall eines nachgewiesenen Corona-Falls auf die verschlüsselten Daten zur Kontaktverfolgung zurückgreifen. "Wir schaffen damit die Zettelwirtschaft ab", sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Das Land nimmt für die Lizenzierung des Systems und die technische Anbindung an die Gesundheitsämter 440.000 Euro in die Hand. Für die Nutzerinnen und Nutzer der App sowie die Gastgeber ist die App kostenlos. 3.000 Betriebe hatten sich mit Blick auf den Luca-Start schon bei Luca angemeldet.

Luca sorgte in den vergangenen Wochen für Aufsehen, auch weil der Hip-Hop-Sänger Smudo für sie aktiv geworben hat. Seine Band "Die Fantastischen Vier" ist an der "Luca-Initiative" rund um die Berliner Entwicklerfirma Nexenio beteiligt. Landes-Digitalminister Christian Pegel (SPD) sagte, man habe sich nicht für ein monatelanges Ausschreibungsverfahren entschieden, um rechtzeitig eine Lösung einsetzen zu können. Von den am Markt befindlichen Lösungen erfülle Luca die Anforderungen am besten.

"Mecklenburg-Vorpommern ist das erste Bundesland, in dem die Luca-App flächendeckend genutzt werden kann", sagte Schwesig. Diese schnelle Möglichkeit zur Nachverfolgung von Kontakten sei eine wichtige Voraussetzung, um öffentliche Einrichtungen Schritt für Schritt wieder für den Publikumsverkehr zu öffnen. "Zugleich entlasten wir die Gesundheitsämter, die schnell und sicher Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen können."

Am Luca-System sind drei Seiten beteiligt: Gast, Gastgeber und Gesundheitsämter. Für die Gäste ist es am bequemsten, sich die dazugehörige Luca-App auf ihrem Smartphone zu installieren. Man kann aber auch über das Web seine eigenen Kontaktdaten eintragen. Die App überprüft per SMS, ob die angegebene Mobilfunknummer stimmt. Das Einchecken vor Ort läuft mithilfe der Smartphone-Kamera, die einen vom Veranstalter generierten QR-Code einliest. Infiziert sich ein Nutzer, kann freiwillig die Check-in-Historie mit dem Gesundheitsamt geteilt werden. Das Gesundheitsamt informiert dann die einzelnen Veranstaltungsorte und Events und sendet eine Anfrage zur Datenfreigabe an das Luca-System. Mit dieser Anfrage kann der Gastgeber dem Gesundheitsamt alle gleichzeitigen Check-ins seiner Gäste freigeben.

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Die Konzepte von Luca und der Corona-Warn-App (CWA) des Bundes unterscheiden sich grundsätzlich. Die Corona-Warn-App stellt mit Hilfe des Bluetooth-Funks anonym fest, ob sich zwei Menschen über mindestens fünf Minuten gefährlich nahe gekommen sind. Außerdem dient die App der schnellen digitalen Übertragung der Testergebnisse. Bei Luca ist ein bewusstes Einchecken an einem Event-Ort, Geschäft, Verkehrsmittel oder Restaurant notwendig. Da Luca auch die Zettelwirtschaft bei Restaurantbesuchen oder ähnlichen Gelegenheiten ablösen soll, ist ein Einchecken nur mit Kontaktdaten möglich, die Telefonnummer wird dabei validiert. Patrick Hennig, Geschäftsführer des Berliner Start-ups Nexenio, das "Luca" entwickelt hat, sagte, beide Apps würden sich gut ergänzen.

Die Luca-App erhält aktuell viel Unterstützung, es gibt allerdings auch Gegenstimmen. Während die Start-up-Initiative "Wir für Digitalisierung" gegen eine bundesweit einheitliche Lösung ist und eine "kollaborative, offene und gemeinsame Schnittstelle" anstrebt, hält Smudo von den Fantastischen Vier ein Nebeneinander von verschiedenen Kontakterfassungs-Apps nicht für sinnvoll. Ein Gateway würde nicht helfen, "dann kommt der FC Bayern mit seiner App oder ein Hotelbetrieb." An unterschiedlichen Orten könne durch die Nutzung verschiedener Apps eine Nachverfolgung über andere Aufenthaltsorte nicht ausreichend funktionieren.

Durch Impf- und Testinformationen könne es zu einer Vermählung der Luca-App mit der Corona-Warn-App kommen und "die Apps sich sehr gut ergänzen", erklärt Smudo, aus kulturell-philosophischen und parlamentarischen Gründen sei es nicht möglich, diese Funktion in die Corona-Warn-App einzubauen. T-Systems und SAP erklärten, dass die CWA ebenfalls kurzfristig für den Rollout der Funktion ertüchtigt werden und dann neben den anderen Apps zum Einsatz kommen könne. Voraussichtlich im April soll eine Cluster-Erkennung ebenfalls implementiert werden, um wirklich "flächig eine strukturierte Öffnung" von Events und Lokationen zu unterstützen.

Das Luca-System wurde nicht quelloffen (Open Source) entwickelt, was von Experten wie Tibor Jager, Professor für IT-Sicherheit und Kryptographie an der Bergischen Universität Wuppertal, kritisiert wird: "Ob und inwiefern die Luca-App ihre Versprechen erfüllt, kann man von außen zu diesem Zeitpunkt leider nicht einschätzen." Patrick Hennig, Mitbegründer und Geschäftsführer der neXenio GmbH, kündigte an, den Programmcode in rund zwei Wochen offenzulegen. Man werde die Zeit nutzen, um den Programmcode noch besser für externe Experten zu dokumentieren.

In einem phoenix-Interview kündigte Smudo von den Fantastischen Vier eine baldige Veröffentlichung des Quellcodes der Luca-App an. "Wir haben uns ein bisschen davon überholen lassen, dass wir anfangen, öffentliche Struktur zu werden, und müssen den Quellcode noch offenlegen – da sind wir jetzt gerade dran. Wir hoffen, dass wir den Code in den nächsten zwei Wochen veröffentlichen können", erklärt Smudo.

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(bme)