Pilzartiges Kunstpigment filtert Giftstoffe​

Künstlich hergestellte poröse Minisphären, die den natürlichen Allomelaninen ähneln, könnten Schadstoffe aufnehmen und neue Schutzbekleidung ermöglichen.​

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(Bild: Gianneschi et al.)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

US-Forscher haben ein poröses Pigment hergestellt, das Gift- und andere Schadstoffe aufnehmen und als Filter fungieren kann. Die Gruppe um Nathan Gianneschi von der Northwestern University in Evanston hatte sich zum Ziel gesetzt, eine künstliche Variante der natürlichen Pigmentgruppe der Allomelanine herzustellen. Diese stickstofffreien Melanin-Varianten kommen etwa in Pilzzellwänden vor und helfen ihnen, mit unwirtlichen Umgebungen zurechtzukommen.

Ihre genauen Eigenschaften oder komplette Struktur sind bisher nicht genau bekannt. Denn in der Natur kommen sie nicht pur vor, sondern im Verbund mit Polysacchariden und Proteinen. Die Laborvariante, die aus demselben Grundbaustein besteht, könnte nun helfen, die Naturversion besser zu verstehen. Darüber hinaus könnte die Kunst-Allomelanine allerdings auch neue Schutzbeschichtungen ermöglichen.

Für die Herstellung nutzten die Forscher ein bekanntes Monomer der Pilzversion namens 1,8-Dihydroxinaphtalin, die sich – unter anderem durch Zugabe des Oxidationsmittels Natriumperiodat – zu kleineren und schließlich größeren Oligomeren zusammenlagern. Die wiederum lagern sich zu winzigen Sphären zusammen und bilden bei anschließender Zugabe von Methanol Poren. Mit weiteren Chemikalien variierten die Forscher die Struktur weiter. Sie vermuten, dass das Methanol nur locker eingebundene Oligomere herauslösen, schreiben sie im "Journal of the American Chemical Society".

Bei anschließenden Versuchen filterte die Kunst-Allomelanine Ammoniakgas und trennte eine Mischung aus Kohlendioxid (CO2) und Methan, indem es selektiv das CO2 aufnahm. Darüber hinaus filterten sie auch die Insektizide Diazinon und Paraoxon heraus. Da diese in Tests oft stellvertretend für strukturell ähnliche chemische Kampfstoffe zum Einsatz kommen, hoffen die Forscher, dass ihre porösen Partikel auch als Entgiftungsmittel dienen könnten.

Tatsächlich nahmen sie als Textilbeschichtung aufgetragen auch das Saringas-Analogon Dimethylphosphonat auf. Sie könnten also als Schutzbeschichtung für Kleidung oder Schutzmasken die Permeation des Gases potentiell verlangsamen oder sogar verhindern.

Wie nahe die Forscher mit ihrem Kunstpigment der natürlichen Allomelaninstruktur gekommen waren, zeigte sich in einem Experiment mit der Naturverbindung. Die Wissenschaftler höhlten dafür Pilzzellen chemisch aus. Diese „Pilz-Gespenster“ getauften Hüllen filterten die Insektizide ebenfalls sehr gut. Gleichzeitig blieben sie durchlässig für Wasser und Sauerstoff. Denkbar wären deshalb künftig auch speziell angepasste Masken, die etwa ausgeatmete Schadstoffe binden, ohne dass die Sauerstoffdurchlässigkeit leidet.

(vsz)