Betriebsräte sollen über KI-Einsatz und Homeoffice mitbestimmen dürfen

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf zur Reform des Betriebsrätegesetzes befürwortet, das etwa bei automatisierter Bewerberauswahl eine Mitsprache sichern soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen

(Bild: Shutterstock/metamorworks)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Bundesregierung reagiert auf den zunehmenden Einsatz von Systemen für Künstliche Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt. Sie will klarstellen, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung und von Abläufen im Unternehmen auch dann greifen, wenn dort algorithmische Entscheidungssysteme eingesetzt werden sollen. Dies geht aus dem Entwurf für ein Betriebsrätemodernisierungsgesetz hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat.

Betriebsräte müssen laut der Initiative in der Lage sein, "komplexe informationstechnische Zusammenhänge zu verstehen, zu bewerten und mitzugestalten und dabei zugleich allgemeine Belange, wie die Gleichstellung von Frauen und Männern, zu berücksichtigen". Dies gelte etwa für automatisierte Entscheidungen bei der Personalauswahl. Der Betriebsrat sei hier "im Rahmen seiner bestehenden gesetzlichen Rechte zu beteiligen". Dies gelte auch dann, wenn eine KI selbst Richtlinien für die Einstellung von Bewerbern entwickle.

2019 hatte Zalando für Schlagzeilen gesorgt, da der Berliner Online-Händler tausende Mitarbeiter mit dem Analysesystem Zonar überwacht. Die Organisation AlgorithmWatch kam daraufhin zu dem Ergebnis, dass der Einsatz solcher mit KI ausgerüsteter Software fürs Personalmanagement in Europa oft rechtswidrig sein dürfte und "zumindest in einer rechtlichen Grauzone" erfolge. Sie forderte, dass Betriebsräte ihre Auskunfts- und Mitbestimmungsrechte gegenüber Arbeitgebern bereits in der Planungsphase von KI-Systemen aktiv durchsetzen können sollten.

Die Regierung will zudem gewährleisten, dass der Betriebsrat einen Sachverständigen hinzuziehen darf, um die "die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz" entsprechend seiner Aufgaben beurteilen zu können. Arbeitgeber und die institutionalisierte Arbeitnehmervertretung müssten sich in diesem Fall "nur noch über die Kosten und die Person" des Experten einigen. Um dauerhaft auch kurzfristig auf einen Sachverständigen beim KI-Einsatz zugreifen zu können, soll ein solcher dem Betriebsrat auch ständig unmittelbar zur Verfügung stehen können.

Umsetzen will die Exekutive so auch einen Passus aus ihrer KI-Strategie. Danach stärken die betriebliche Mitbestimmung und eine frühzeitige Einbindung der Betriebsräte das Vertrauen und die Akzeptanz der Beschäftigten für automatisiert entscheidende Systeme. Dies sei die Basis "für eine positive Haltung zu KI allgemein sowie für eine erfolgreiche Implementierung von KI-Anwendungen auf betrieblicher Ebene".

Eine Definition, was sie unter Künstlicher Intelligenz versteht, liefert die Regierung in dem Entwurf nicht. Sie schreibt nur, dass KI-basierte Systeme können rein softwarebasiert sein und nur in der virtuellen Welt agieren könnten. Teils würden entsprechende Algorithmen aber auch in Hardware eingebettet.

Betriebsräte sollen ferner beim Ausgestalten von Homeoffice-Vorschriften ein Mitbestimmungsrecht erhalten. So könnten sie für einen einheitlichen und verbindlichen Rechtsrahmen bei mobiler Arbeit eintreten, begründet das Kabinett dieses Vorhaben. Es gehe etwa um den zeitlichen Umfang von Telearbeit, den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf, Sicherheitsaspekte und Regeln zur Erreichbarkeit.

"Unter Achtung des Vorrangs der Präsenzsitzung" sollen Betriebsräte zudem alleine und frei entscheiden können, ob sie bei der Durchführung ihrer Sitzungen auf Video- und Telefonkonferenzen zurückgreifen. Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleich und Sozialplan können dem Plan nach künftig mit qualifizierter elektronischer Signatur abgeschlossen werden.

Betonen will die Regierung, dass der Arbeitgeber bei der Verarbeitung personenbezogener Daten der Verantwortliche im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist. Weiter heißt es: "Arbeitgeber und Betriebsrat unterstützen sich gegenseitig bei der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften". Die Kosten für die Wirtschaft schätzt die Exekutive auf gut vier Millionen Euro pro Jahr, rund 1,1 Millionen davon allein für die KI-Unterstützung der Mitarbeitervertretungen.

(mho)