Cyber-Attacken und Wahlmanipulation: USA verhängen Sanktionen gegen Russland

Die USA verhängen wegen potenziell russischer SolarWinds-Angriffe und Wahlbeeinflussungsversuche Sanktionen gegen Russland.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 88 Kommentare lesen

(Bild: Normana Karia/Shutterstock.com)

Update
Stand:
Lesezeit: 6 Min.

Die US-Regierung plant nach Medienberichten noch am Donnerstag die Einleitung von Sanktionen gegen Russland. Nach Angaben von verschiedenen US-Medien, darunter Reuters, richten sich die Sanktionen gegen mehr als 30 russische Einrichtungen. Außerdem sollen 10 Personen aus den USA ausgewiesen werden. Als Grund für diese Maßnahmen werden die Cyber-Angriffe von 2020 mit SolarWinds-Software auf staatliche und private Computernetzwerke der USA genannt, die russischen Ursprungs sein sollen. Ebenso wird dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, mit Desinformationskampagnen die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gegen Joe Biden unterstützt zu haben.

[Update 15.4.2021 15:15]:

Mittlerweile hat die US-Regierung die Sanktionen gegen Russland bestätigt. Das Weiße Haus erklärt in dem Statement: "Today the United States is formally naming the Russian Foreign Intelligence Service (SVR), also known as APT 29, Cozy Bear, and The Dukes, as the perpetrator of the broad-scope cyber espionage campaign that exploited the SolarWinds Orion platform and other information technology infrastructures. The U.S. Intelligence Community has high confidence in its assessment of attribution to the SVR." Gleichzeitig betont die Biden-Regierung die Bedeutung eines "offenen, interoperablen, sicheren und zuverlässigen Internet". Die russischen Aktionen liefen diesen Zielen, die von vielen Verbündeten und Partnern geteilt würden, diametral zuwider. Die USA verstärkten nun ihre Bemühungen für ein verantwortungsbewusstes Handeln von Staaten im Cyberspace und für die Schaffung eines entsprechenden Rahmens für die Staaten. Zudem wolle man das Engagement für kollektive Sicherheit im Cyberspace ausbauen.

Das Finanzministerium hat laut der präsidentiellen Order sechs russische Technologiefirmen benannt, die mit dem russischen Geheimdienst bei dessen Cyberprogramm zusammenarbeiten. Zudem wurden gegen 32 Unternehmen und Einzelpersonen Sanktionen verhängt, die die US-Präsidentschaftswahlen 2020 beeinflussen wollten und andere Desinformations- und Einmischungsaktionen unternahmen. Acht weitere Personen wurden auf die Sanktionsliste gesetzt, weil sie mit der Besetzung und Unterdrückung durch Russland auf der Krim in Verbindung stünden. Zehn Mitarbeiter der russichen Botschaft werden ausgewiesen; sie werden als Vertreter der russischen Geheimdienste bezeichnet.

[/Update]

Es ist anzunehmen, dass die nicht näher genannten russischen Einrichtungen auf einer Schwarzen Liste landen, mit denen US-Unternehmen keine Geschäfte mehr machen dürfen, ähnlich, wie es bei der Entity-List des US-Handelsministeriums mit chinesischen Unternehmen der Fall ist.

Die mögliche Ausweisung der Personen könnte sich auf russische Diplomaten beziehen, ähnlich wie es die US-Regierung von Barack Obama nach den Wahlbeeinflussungsversuchen 2016 getan hat, heißt es in der New York Times.

Die wirtschaftlichen Sanktionen könnten allerdings noch weitreichender ausfallen, schreibt die BBC. Demnach soll US-Präsident Joe Biden voraussichtlich einen Durchführungserlass (Executive Order) herausbringen, der ab Juni 2021 US-Finanzinstitute daran hindern soll, auf Rubel lautende Anleihen zu kaufen. Dies wurde in der präsidentiellen Order mittlerweile ebenfalls festgelegt.

Die geplanten Sanktionen als Reaktion auf den Cyber-Angriff mit SolarWinds und den Manipulationsversuchen der US-Präsidentenwahl 2020 durch Russland finden in einer angespannten Situation zwischen den USA und Russland statt. So hatte US-Präsident Biden den russischen Präsidenten im März als "Killer" bezeichnet. Er warf Putin vor, politischen Gegnern Mordkommandos auf den Hals zu hetzen, um seine Macht im Land zu sichern. Russland hatte als Reaktion darauf vorübergehend Botschafter aus den USA abgezogen.

Weiterhin stehen seit Mitte 2020 Vorwürfe im Raum, dass der russische Militärgeheimdienst GRU Taliban-Kämpfern in Afghanistan Kopfgeldprämien für erfolgreiche Anschläge auf das US-Militär angeboten hat. Russland bestreitet die Vorwürfe.

Hinzu kommt die derzeit kritische Lage in der Ukraine und auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Russland hat erneut russische Truppen an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lassen. Die USA und sämtliche NATO-Staaten sehen darin eine Bedrohung. In einem Telefonat zwischen Biden und Putin am Dienstag erörterten die Präsidenten die angespannte Lage. Biden betonte, dass die USA ihre nationalen Interessen wahren und "fest" handeln würden. Biden schlug ein Treffen mit Putin in einem Drittland vor, um die Lage zu deeskalieren und gegebenenfalls Punkte in der Zusammenarbeit zu finden.

Trotz einer offenbar angestrebten Deeskalationsphase werden nun die Vorwürfe gegen Russland wegen Cyber-Angriffen mit SolarWinds und Beeinflussungsversuche der US-Präsidentschaftswahl 2020 als Gründe für mögliche Sanktionen herangezogen.

2020 hatten Cyber-Angreifer mehrere Ministerien und Behörden sowie private Unternehmen in den USA angegriffen und dabei die Software der Firma SolarWinds genutzt. Die Mitte Dezember 2020 bekannt gewordenen Angriffe sollen nach Informationen von US-Geheimdiensten und -Sicherheitsbehörden auf das Konto von Russland gehen, was Russland dementierte. Microsoft-Chef Brad Smith hatte im Februar den Angriff mit SolarWinds als den größten und fortschrittlichsten Software-Angriff der Welt bezeichnet. Nach internen Untersuchungen Microsofts seien mehr als 1000 Entwickler an den Cyber-Angriffen beteiligt gewesen.

Zudem habe Russland nach Informationen von US-Geheimdiensten 2020 die US-Präsidentschaftswahl zugunsten des damaligen Amtsinhabers Donald Trump zu beeinflussen gesucht. Dabei soll mit Desinformationskampagnen versucht worden sein, den jetzigen Präsidenten Biden zu schaden, um dessen Wahl zu verhindern und zusätzlich das Vertrauen in das US-Wahlsystem zu mindern und die Spaltung der US-Gesellschaft voranzutreiben. Bereits bei den US-Präsidentschaftswahlen 2015 waren Russland Wahlmanipulationsversuche vorgeworfen worden, um die demokratische Kandidatin Hillary Clinton zu verhindern und stattdessen den Republikaner Trump ins Weiße Haus zu bringen.

(olb)