Graphen: Hoffnung auf baldige Massenproduktion

Die Industrialisierung des 2D-Materials wird in diesem Jahrzehnt entschieden. Fraunhofer-Forscher machen Vorschläge, wie das gelingen könnte.

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(Bild: AlexanderAIUS / Wikipedia / CC BY-SA 3.0)

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Es ist das dünnste bekannte Material der Welt: Graphen, jene zweidimensionalen, bienenwabenförmig angeordnete Kohlenstoffatome. Viele Institutionen haben bereits große Investitionen in das zukunftsträchtige Material getätigt, darunter die EU-Forschungsinitiative "Graphene Flagship". Mittlerweile stehen Prototypen und Nischenanwendungen, die auf Graphen oder nahen Verwandten des Wundermaterials basieren, in den Startlöchern – und Herstellungsstandards werden entwickelt.

Wann aber geht es endlich in die Massenproduktion und wie werden Herstellungsprozesse und Supply Chains davon beeinflusst? Welche Anwendungsbereiche werden führend sein? Wo besteht das größte Potenzial für eine Kommerzialisierung und welche Wege führen dahin? Drei Jahre lang analysierten Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag von Graphene Flagship diese Fragen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts.

Die Ergebnisse haben sie nun in einer Roadmap festgehalten, die in diesem Frühjahr publiziert wurde. "Graphen und verwandte Materialien schaffen Mehrwert in der gesamten Wertschöpfungskette, von der Verbesserung und Schaffung neuer Materialien bis hin zur Verbesserung einzelner Komponenten und schließlich der Endprodukte", resümiert Dr. Henning Döscher vom Fraunhofer ISI und wichtiger Teil des Graphen-Roadmap-Teams. Es bleibe allerdings bis 2030 abzuwarten, ob das Material wirklich so disruptiv sei wie das Halbleitermaterial Silizium. Doch bereits 2025 sei eine erste "Marktdurchdringung" zu erwarten, erklärt Co-Leiter Dr. Thomas Reiß auf Basis der Auswertungen.

Die bemerkenswerte Vielfalt der möglichen Anwendungsbereiche sei mittlerweile bewiesen. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Europa auf diesem Gebiet führend bleibt, um sicherzustellen, dass wir von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Entwicklung solcher Innovationen profitieren", so der Forscher. Die Graphen-Nachfrage aus der Wirtschaft soll sich bereits in den letzten vier Jahren vervierfacht haben. Insbesondere die Elektronikbranche und Biomedizin dürften sich das stromleitfähige und enorm flexible Ausnahme-Material zunutze machen.

Vereinzelt ist Graphen schon jetzt auf dem Markt erhältlich, allerdings "nur" in Form von beispielsweise Verbundwerkstoffen bei vergleichsweise einfachen Anwendungen wie Schuhsohlen oder Beschichtungen. Zukünftig geplant sind sehr viel breitere Anwendungsgebiete, darunter Elektrogeräte, Solarzellen, medizinischen Sensoren oder auch alltägliche Gebrauchsgegenstände wie Reifen. (bsc)