Mini-Raketen: 11-Millionen-Schub für Weltraum-Startup Isar Aerospace

Drei deutsche "New Space"-Firmen werkeln an kommerziellen kleinen Trägerraketen. Eine davon hat jetzt beim "Mikrolauncher-Wettbewerb" abgeräumt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 40 Kommentare lesen

(Bild: Isar Aerospace)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das Unternehmen Isar Aerospace Technologies aus Ottobrunn bei München hat die Hauptrunde des "Mikrolauncher-Wettbewerbs" der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für sich entschieden. Auf Basis der Auswahl einer Experten-Jury kürte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das Start-up am Freitag zum Sieger der zweiten Phase des Förderinstruments.

Die Firma erhält so ein Preisgeld in Höhe von elf Millionen Euro. Damit sollen die Gründer und ihr Team ihre 27 Meter lange Kleinrakete Spectrum weiterentwickeln können. Sie planen zwei erste Demonstrationsflüge bis spätestens 2023. Der "Mikrolauncher" soll bis zu einer Tonne Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn befördern können, wobei der Preis bei rund 10.000 Euro pro Kilogramm läge.

"Heute beginnt der Aufbruch in eine neue Ära der Raumfahrt Europas!", verkündete der Koordinator der Bundesregierung für die Raumfahrt, Thomas Jarzombek, anlässlich der Preisverleihung. Der CDU-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass die nächste Raketengeneration made in Europe sein werde. Er sei begeistert auch von den Leistungen der anderen beiden, ebenfalls 2018 gegründeten Startups, die im vorigen Jahr in der ersten Runde des Wettbewerbs je 500.000 Euro Anschubfinanzierung erhalten hatten. Dabei handelt es sich um Rocket Factory Augsburg, eine Tochter des Bremer Raumfahrtkonzerns OHB, und die DLR-Ausgründung HyImpulse.

Bei allen drei Firmen sieht Jarzombek die Fähigkeit zum Entwickeln von Mini-Raketen, die mehr Kapazität als die erste Falcon von Elon Musks Weltraum-Startup SpaceX böten "und bereits in den nächsten zwei Jahren starten werden". Im Gegensatz zur klassischen Raumfahrt entwickelten diese Unternehmen ihre Raketen mit privaten Geldern und nicht auf Kosten der Steuerzahler. Dies stelle einen Paradigmenwechsel dar.

Mit Spectrum habe Isar Aerospace nicht nur einen vielversprechenden Kleinträger im Programm, erläuterte DLR-Vorstand Walther Pelzer. Das Start-up "hat uns auch ein überzeugendes Konzept für ein tragfähiges Geschäftsmodell vorgelegt, dass sich nach Einschätzung der Jury auf lange Sicht am Mikrolauncher-Markt durchsetzen kann". Generell habe die deutsche Gründerszene gezeigt, "dass sie im internationalen Marktsegment der kleinen Träger konkurrenzfähig ist".

Der Wettbewerb fördert mittelständische Betriebe aus Deutschland, die moderne Mikrolauncher mit einer Nutzlast von einigen hundert Kilogramm kommerziell entwickeln und Startdienstleistungen anbieten wollen, mit insgesamt 25 Millionen Euro. Das Geld kommt aus einem Programm der Europäischen Weltraumorganisation ESA, das über das Wirtschaftsministerium vergeben wird. HyImpulse und Rocket Factory sind noch nicht aus dem Rennen: Sie erhalten in der dritten Runde des Wettstreits eine zweite Chance, ihrerseits elf Millionen Euro zu ergattern.

Hintergrund der Neuausrichtung des Marktes ist die Miniaturisierung, die auch vor der Weltraumtechnik nicht Halt macht. Bis vor etwa zehn Jahren waren Satelliten groß und schwer. Sie sollten möglichst viele unterschiedliche Nutzlasten tragen können. Die Aufträge dafür kamen meist vom Staat. Heute starten unter dem Motto "New Space" immer mehr private Raumfahrtfirmen vor allem in den USA und China Satelliten. Für sie stehen stärker die aus deren Daten erzeugten Anwendungen und Dienstleistungen wie das Internet aus dem All im Vordergrund – und die Kosten.

Isar Aerospace gewinnt beim Mikrolauncher-Wettbewerb (6 Bilder)

Herz­li­chen Glück­wunsch an Isar Ae­ro­space
(Bild: DLR (CC-BY 3.0))

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Bundestag bestätigte der deutschen Raumfahrt und "New-Space-Akteurslandschaft" mit ihrer leistungsfähigen Forschung und Entwicklung jüngst in einer Studie, "im Bereich technischer Komponenten und deren Fertigung international gut anschlussfähig" zu sein. Die potenziell vielversprechenden Firmen stünden aber vor Innovationsbarrieren wie dem Mangel an Risikokapital, einem tendenziell schwer zugänglichen Fördersystem und Rechtsunsicherheiten.

Insgesamt werde hierzulande im internationalen Vergleich eher wenig in die Raumfahrt investiert, erklärten die Forscher. Dies führe angesichts starker internationaler Konkurrenz zu einer schlechteren Ausgangsposition. Eine entscheidende und zu überwindende Hürde bestehe ferner in der Entwicklung von Geschäftsmodellen in anderen Branchen, die auf Daten und Technologien aus der Raumfahrt basierten. Nur so ließen sich "die vielversprechenden Potenziale für Anwendungen erschließen".

(tiw)