PISA-Studie: Viele 15-Jährige können Meinungen nicht von Fakten unterscheiden

Im 21. Jahrhundert geht es weniger darum, Wissen zu extrahieren denn zu konstruieren. Damit kommen viele junge Menschen offenbar nicht klar.

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Abbildung auf dem Titelblatt der Sonderauswertung "21st-Century Readers – Developing Literacy Skills in a Digital World".

(Bild: OECD)

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Weniger als die Hälfte der 15-Jährigen in Deutschland kann in Texten Fakten von Meinungen unterscheiden. Gut die Hälfte der Schülerinnen und Schüler gibt an, im Unterricht nicht zu lernen, subjektive oder voreingenommene Texte zu erkennen. Das sind Ergebnisse der PISA-Sonderauswertung "Lesen im 21. Jahrhundert" der OECD.

Schülerinnen und Schüler, die häufig Bücher analog lesen, schneiden im PISA-Test zur Lesekompetenz besser ab als solche, die Bücher eher online lesen. Zwar wisse ein relativ großer Teil der 15-Jährigen, wie mit zweifelhaften Quellen im Internet umzugehen ist, das sei aber je nach sozialer Herkunft sehr unterschiedlich, teilte die OECD mit.

Während Schülerinnen und Schüler aus privilegiertem Elternhaus hierzulande so gut abschnitten wie in keinem anderen Land, rangierten solche aus benachteiligten Haushalten im oberen Mittelfeld. Wie auch sonst im Bereich Lesekompetenz schneiden Mädchen bei diesen Fragen deutlich besser ab als Jungen.

In Rahmen von PISA 2018 hatten Schülerinnen und Schüler die Aufgabe, Passagen in einem Text als Fakten oder als Meinungen zu identifizieren. Das konnte insgesamt weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler. Besonders gut schnitten hier Schülerinnen und Schüler in den USA ab, in Großbritannien, in der Türkei und in den Niederlanden.

Zum ersten Mal wurden dabei auch Fragen zum Leseverständnis im digitalen Raum behandelt. So mussten die Schülerinnen und Schüler unter anderem angeben, wie sie mit einer Phishing-Mail umgehen würden. Hier waren die Teilnehmenden in Deutschland deutlich besser als in den meisten anderen Ländern.

Die Frage, ob sie im Unterricht jemals gelernt hätten, wie feststellbar ist, ob Informationen subjektiv oder voreingenommen sind, bejahten 49 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland. In den USA, Australien, Dänemark oder Kanada waren es über 70 Prozent. In Deutschland geben deutlich weniger Schülerinnen und Schüler als in den meisten anderen OECD-Ländern an, dass im Unterricht digitale Fertigkeiten wie das Erkennen von Spam und vertrauenswürdigen Quellen oder der Umgang mit Suchmaschinen behandelt wurde.

Insgesamt liegen 15-Jährige in Deutschland in Sachen Lesekompetenz leicht über dem OECD-Mittel; dabei blieben die Leseleistungen in den vergangenen zehn Jahren praktisch unverändert. Deutschland gehört aber zu den Ländern, in denen Schülerinnen und Schüler vergleichsweise wenig Freude am Lesen haben. Noch weniger Freude am Lesen gibt es nur in den Niederlanden, Norwegen, Belgien und Dänemark. Deutschland ist dabei das Land, in dem zwischen 2009 und 2018 die Freude am Lesen am stärksten zurückgegangen ist.

PISA-Sonderauswertung zur Lesekompetenz 2021 (7 Bilder)

(Bild: OECD)

In den meisten Ländern führt auch die häufige Lektüre von Büchern auf digitalen Geräten zu besseren Leistungen, in Deutschland lässt sich dieser Effekt aber nicht ausmachen.

"Im 20. Jahrhundert ging es im Wesentlichen um das Verstehen linearer Printtexte. Wenn Schüler eine Frage hatten, konnten Sie die Antwort im Lexikon nachschlagen und darauf vertrauen, dass sie stimmt. Im 21. Jahrhundert finden wir bei Google tausende konkurrierender Antworten und niemand sagt uns, was richtig oder falsch ist", sagt OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Lesekompetenz bedeute nicht mehr, Wissen zu extrahieren, sondern zu konstruieren. Hier müssten die Schulen nachziehen.

Zur Studie " 21st-Century Readers – Developing Literacy Skills in a Digital World "

(anw)