"Resident Evil Village" im Test: Dopamin-Marathon im Raytracing-Schloss

Capcom will mit "Resident Evil Village" das Genre des Survival-Horrors neu definieren. Doch der achte Serienteil spielt sich über weite Strecken altbekannt.

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Resident Evil Village (Screenshot: heise online)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Michael Wieczorek
Inhaltsverzeichnis

Unser Testbericht beschreibt das Spiel, ohne seine Handlung zu verraten. "Resident Evil: Village" ist ein lineares Abenteuer, das in großen Teilen von seiner Erzählung lebt. Wir schätzen daher ihre Qualität ein, enthüllen aber keine Ereignisse.

Geht es nach den Vorstellungen von Capcom, sollen sich Spielerinnen und Spieler auf eine vollkommen neue Art des Horrors in "Resident Evil 8: Village" vorbereiten. Das klappt nicht ganz: Eine neue Art des Horrors hat das Entwicklerteam nicht geschaffen, vielmehr wurden zahlreiche alte Erfolgskonzepte aus "Resident Evil" 1, 2, 4 und 7 in einem bisher ungenutzten Szenario vereint. "Resident Evil 8" ist also mehr vom Altbekannten. Allerdings werden die betagten Konzepte in einem äußerst modernen, schicken Aussehen präsentiert.

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Die Handlung folgt Ethan Winters, dem Helden aus "Resident Evil 7", der vier Jahre nach den Ereignissen in Louisiana erneut in den Abgrund des Wahnsinns getrieben wird. "Resident Evil 8" spielt in einem fiktiven Schauplatz, der am ehesten mit den Örtlichkeiten aus Grimms Märchen und dem Borgo-Pass aus Bram Stokers Dracula vergleichbar ist. Dort trifft er auf Blutsauger, Lykaner und Zombies. Ethan ist auf der Suche nach seiner Tochter, die entführt wurde.

Hat Serienheld Chris Redfield Rose entführt?

(Bild: heise online)

Wie der Vorgänger wird Teil 8 aus der Ego-Perspektive gespielt. Unterstützung für Virtual-Reality-Headsets gibt es dieses Mal leider nicht. Dabei wurde der Umstieg von der Schulter- auf die Ego-Perspektive einst mit der besseren Immersion in VR begründet. Immerhin: Da in Teil 8 keine Rücksicht auf die Performance in VR genommen werden muss, protzt das Spiel mit schicken Licht- und Schatten-Effekten. Durch den Einsatz von Raytracing werfen viele (nicht alle) Lichtquellen in Echtzeit berechnete Schatten in die düstere Welt. Natürlich erhöht das die Atmosphäre, wenn Ethan zum Beispiel mit seiner Taschenlampe Höhlen erkundet oder massive, hoch hängende Kronleuchter eine gigantische Eingangshalle in realistisches Licht tauchen.

Ethan verschlägt es mitunter in das große Schloss der Familie Dimitresku. "Resident Evil 8" spielt sich dort ganz klassisch, so wie Serienfans es sich wünschen. Spielende suchen verschiedene Farben und Formen an Schlüsseln, schalten Abkürzungen frei, versuchen so viel Munition wie möglich zu sparen und wehren sich in engen Gängen gegen teils sehr agile Gegner. Zwischendurch geht es immer wieder in die Namensgebende "Village" zurück, die sich zentral in der Karte befindet und damit zur Heimatbasis für Ethan wird.

Das Waffenarsenal ist hübsch gerendert, bietet aber nichts Neues. Von der Pistole steht über die Schrotflinte bis zum Granatenwerfer das Altbekannte zur Verfügung. Wie in "Resident Evil 4" schlägt ein wandernder Händler stets in unmittelbarer Nähe seinen Laden auf, um Ethan Verbesserungen oder Munition zu verkaufen. Die kann er in seine Waffen oder über die neuen Mahlzeiten auch direkt auf sich anwenden. Die Zutaten für die Speisen für "mehr permanente Lebensenergie" oder "besseres Blocken" muss Ethan aber ebenfalls selbst heranschaffen. Das nötige Kleingeld für den Einkauf sowie Ressourcen lassen die zahlreichen Feinde per (gesteuertem) Zufallsprinzip fallen.

Beim Händler gibt es Gegenstände wie Munition oder Blaupausen.

(Bild: heise online)

Hier setzt Teil 8 auf das gleiche System wie Teil 7. Um nicht irgendwann vollkommen blank ohne Munition vor einem Endkampf zu stehen, verteilt das Spiel das Nötige dann, wenn es gebraucht wird. Das funktioniert so gut, dass man es fast nicht bemerkt. Nur auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad kommen Spielerinnen und Spieler in einen Munitionsnotstand und müssen den gekonnten Einsatz des Messers sowie das Blocken lernen. Nur wer selten schießt, hat genügend Kugeln für die spektakulären Bosskämpfe.

Wenn es uns mal selbst in ein "Resident Evil" verschlagen würde, hätten wir die gute alte Kurbel allzeitbereit an unseren Körper geklebt. Es ist bemerkenswert, wie lange die Protagonisten und Heldinnen der Serie stets auf der Suche nach dem passenden Werkzeug für die merkwürdigsten Maschinen sind. Hier schreit auch "Resident Evil 8" erneut lauthals: Ich bin ein Videospiel! Ich habe nichts mit der Realität zu tun! Und so rennen Spielende im Endeffekt durch ein Geflecht an kreativ erdachten Sehenswürdigkeiten, nur um endlich eine Kurbel, eine Winde oder den Bolzenschneider zu bekommen.

Besonders lange Laufwege gibt es übrigens nicht mehr bei den optionalen Örtlichkeiten. Wir waren überrascht, dass so gut wie alle Schlüsselgegenstände in der näheren Umgebung auffindbar waren. Dadurch fühlt sich "Resident Evil 8" bis kurz vor dem Ende deutlich flotter an als die Vorgänger.

Der finale Abschnitt des Spiels aber zieht sich. Es fühlt sich fast so an, als wollte man unbedingt das längste Resident Evil entwickeln. Also brauchte man hinten raus noch etwas besonders Kompliziertes. Das hätte das Spiel überhaupt nicht nötig gehabt, 10 statt 14 Stunden hätten völlig ausgereicht. So wird außerdem die Wiederspiel-Motivation gedämpft, die bisher in der Serie immer großen Stellenwert hatte.

Bisher haben wir die typischen Merkmale aus "Resident Evil 1" (Gegenstandswirrwarr), "Resident Evil 4" (der wandernde Händler mit Upgrades) und die offensichtlichen Parallelen zu Teil 7 beschrieben. Bliebe noch der erwähnte Teil 2. Wie einst Mr X wird Ethan in "Resident Evil 8" eine Zeit lang von der gigantisch anmutenden Lady Dimitresku verfolgt. Einmal von ihr in die Enge getrieben, heißt es mit großer Wahrscheinlichkeit "Game Over". Uns ist häufig schon das Herz in die Hose gerutscht, wenn wir nur ihre laut hallenden Schritte in der Ferne haben lauter werden hören.

Alcina Dimitrescu sollte man nicht zu nah an sich heranlassen.

(Bild: heise online)

In Momenten der Stille, der Ungewissheit oder zaghaftem Erkunden ist Resident Evil 8 am besten. Wenn wir uns unter einem Haus im Schnee kauernd vor den hungrig lechzenden Lykanern verstecken oder jeden Zentimeter einer imposant eingerichteten Schatzkammer absuchen, vergessen wir schnell alles um uns herum. Das Gegenteil passiert, wenn wir das stets prominent verteilte gelbe Paketband entdecken, dass auf Objekte hinweist, mit denen wir interagieren können.

Ethan sprengt Wände und zerschneidet Holz. Der restliche Großteil der Levelarchitektur und Gegenstände ist aber aus Stahlbeton, auch Kerzen, Geschirr oder vergammeltes Obst. Was der Titel an anderer Stelle an Glaubwürdigkeit gewinnt, wird dadurch häufig kurz darauf wieder verspielt. Dabei machen Titel wie "Half-Life: Alyx" oder auch das inzwischen alte "Metal Gear Solid 2" vor, dass sinnlose Interaktivität möglich ist und Spaß macht.

Für den Test haben wir die Playstation-5-Version von "Resident Evil 8" durchgespielt. Die Konsolenfassung bietet Spielenden die Möglichkeit zwischen fast 60 Bildern pro Sekunde, also einem sehr flüssigen Spielerlebnis ohne Raytracing oder schwankenden 45 Bildern pro Sekunde mit Raytracing zu spielen. Wir haben uns für das Letztgenannte entschieden und waren zufrieden. Die PC-Version bietet viele Einstellungsmöglichkeiten, darunter auch noch komplexeres Raytracing. Die Sprachausgabe wurde gut lokalisiert, die Originalstimmen können ebenfalls ausgewählt werden.

Beim Anspielen der PC-Version ist uns aufgefallen, dass die Steuerung mit Maus und Tastatur zwar möglich ist. Für ein vergleichbares Gefühl zu den Genre-Standards müssen allerdings die Mauseinstellungen angepasst werden. Resident Evil 8 erscheint am 7. Mai für Playstation 4 und 5, Xbox One und Series S/X sowie den PC. Auf den alten Konsolengenerationen sind deutlich längere Ladezeiten nötig (bis zu 42 Sekunden) und es gibt kein Raytracing. Die USK hat den Titel ab 18 Jahren freigegeben.

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"Resident Evil 8" ist ein gutes "Resident Evil" in einem sehr stimmungsvollen Szenario. Bis kurz vor Ende der für die Serie typischen Handlung erschafft das Entwicklerteam ein ziemlich perfektes "Best of" der Reihe. Der Mix aus Erkundung, Rätseln und Ballern spielt sich sehr flüssig und bietet durch den wandernden Händler mit seinen Upgrades einen idealen Dopamin-Ausschüttungs-Marathon. Im Vergleich fällt das Ende wegen künstlicher Längen etwas ab. Aber auch das sind Serienfans ja durchaus gewohnt.

Anders als von Capcom beworben, ist "Resident Evil 8" keine neue Art des Horrors. Wer Teil 7 noch nicht gespielt haben sollte, findet einen nahezu gleichwertigen Serienteil (und den Einstieg in Ethans Geschichte) inzwischen zum Budget-Preis, mit dem Bonus von Virtual Reality. Letzteres haben wir tatsächlich vermisst, nachdem Teil 7 so gelungen dafür optimiert worden war.

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