Konferenz ICRA: Sentimentale Maschinen sorgen für gute Vibrationen

Französische Forscher wollen untersuchen, was dran ist an den berühmten „good vibes“ und diese für den Austausch zwischen Menschen und Robotern nutzen.

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(Bild: Robotic Art)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Gute oder schlechte Vibrationen sind eine häufig genutzte Metapher, um Stimmungen zu beschreiben, die ansonsten schwer fassbar sind: Es werden offenbar Signale übermittelt, die zwar im Einzelnen nicht identifiziert werden können, sich aber dennoch auf die Laune auswirken. Joffrey Becker vom Pariser Collège de France stellte den Ansatz beim Workshop Sentimental Machines im Rahmen der International Conference on Robotics and Automation (ICRA) vor. In einem Projekt mit dem Titel „The Apprentices“ soll das Konzept genauer untersucht werden.

Die Forscher wollen einen gemeinsamen Vibrationsraum für drei Roboter und menschliches Publikum schaffen. Die durch Bewegungen der Roboter erzeugten Vibrationen sollen darin in Sound umgewandelt werden, die Geräusche der Menschen wiederum in Vibrationen, die von den Robotern wahrgenommen werden. Das noch in Vorbereitung befindliche Projekt ist inspiriert von Ansätzen zur Interspezies-Kommunikation auf nicht-symbolischer Ebene. Ausdrücklich verweisen die Forscher in ihrer Studie etwa auf die in Thailand üblichen Kämpfe zwischen Nashornkäfern, bei denen die Käfer von den menschlichen Zuschauern durch Vibrationen der hölzernen Unterlage zum Kämpfen gegen Rivalen animiert werden.

Bei der Frage, welche neuartigen Beziehungen sich zwischen Mensch und Roboter entwickeln könnten, konzentrierte sich Kate Devlin (King‘s College London) dagegen auf Sex – was nicht immer einfach ist: So berichtete sie von Schwierigkeiten, für die zweite Konferenz Love and Sex with Robots im Jahr 2016 in London einen Veranstaltungsort zu finden. Immerhin habe es breite Resonanz in der Presse gegeben, wenn auch mit teils abenteuerlichen Schlagzeilen. Ihr Favorit, so Devlin, sei in dieser Hinsicht die Titelzeile Sex Robots May Literally Fuck Us to Death gewesen. Solche Befürchtungen teilt sie indessen nicht.

Weltweit gebe es nur wenige Firmen, die an Sexrobotern arbeiten, so Devlin. Die bekannteste dürfte RealDoll sein, die den Roboter Harmony anbietet. Der sei immer noch im Prototyp-Stadium und bestünde im Wesentlichen aus einem Kopf. Devlin berichtete von einem Besuch der Firma , bei dem sie das handwerkliche Niveau bei der Fertigung der Maschinen beeindruckte. Besonders interessant sei die Künstliche Intelligenz (KI), die es dem Nutzer erlaube, eine eigene Persönlichkeit zu erschaffen.

Die Kombination von Robotik und Sex müsse sich aber nicht auf menschenähnliche Roboter beschränken, wie sich etwa Ende 2016 beim ersten Sex-Toy Hackathon zeigte, bei dem dann auch wieder gute Vibrationen eine wichtige Rolle spielten. Hinsichtlich intimer Beziehungen zwischen Menschen und Robotern ist Devlin „vorsichtig optimistisch“. Sie befürchte nicht, dass zwischenmenschliche Beziehungen dadurch ersetzt werden könnten, so die Forscherin. Vielmehr dürften sich völlig neue Arten von Beziehung entwickeln. Hier sei die Kunst gefragt.

Stavros Didakis (New York University, Shanghai) etwa hat sich in seiner interaktiven Installation Ubiquitous Colonies 1.0 von natürlichen Parasiten wie auch von den Illustrationen des Zoologen Ernst Haeckel inspirieren lassen. Der Künstler Louis-Philippe Demers von der Nanyang Technological University in Singapur beschäftigt sich dagegen vorrangig mit, wie er es nennt, „kinästhetischer Empathie“. Emotionen manifestierten sich in Bewegungen, sagt er. Das hat er in mehreren Installationen und Performances erforscht. So konnten sich in The Blind Robot Menschen von Roboterhänden abtasten lassen.

In der partizipativen Roboter-Performance Inferno wurden Tänzer mit Exoskeletten ausgestattet. Ein Workshop-Teilnehmer äußerte sich dazu im Chat: „Ich war einer der Tänzer in ‚Inferno‘. Wir wussten tatsächlich nicht, was passieren würde. Einzigartige Erfahrung.“ Und die jüngste Performance Repeat orientiert sich an den Bewegungsabläufen von Lagerarbeitern.

(dwi)