MINT-Sektor: EU-Parlament fordert Quoten für Frauen und Minderheitsgruppen

Das EU-Parlament will die Unterrepräsentation von Frauen und LGBTQI+-Personen in Wissenschaft und Technik bekämpfen. Es brauche mehr Rollenvorbilder.

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(Bild: dotshock/Shutterstock.com)

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In keinem Forschungsbereich arbeiten in Europa weniger Frauen als im MINT-Sektor (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Das EU-Parlament macht sich daher für erhöhte Anstrengungen zur MINT-Ausbildung und zur allgemeinen Beteiligung von Frauen und Minderheiten in diesem technischen Bereich stark. Vor allem Gründerinnen und weibliche Rollenvorbilder sollen besonders unterstützt werden.

Frauen machen derzeit 57,7 Prozent der Hochschulabsolventen in der EU aus, stellen aber nur 36 Prozent der MINT-Absolventen sowie zwei von fünf Wissenschaftlern und Ingenieuren. Noch größer ist das Geschlechtergefälle im Sektor für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), wo nur 18 Prozent Frauen tätig sind. Im breiteren digitalen Beschäftigungsbereich gibt es mehr als dreimal so viele Männer wie Frauen.

Die Abgeordneten wollen dies ändern. Sie haben am Donnerstag auf Empfehlung des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter einen Bericht angenommen, um die Unterrepräsentation breiter Bevölkerungsgruppen im MINT-Sektor zu bekämpfen. Für die Entschließung stimmten 546 Volksvertreter, 35 waren dagegen, 100 enthielten sich.

Mit der Resolution appelliert das Parlament an die Mitgliedstaaten, die Beteiligung von Frauen und Mädchen an MINT-Studiengängen und -Karrieren in ihren nationalen Gender-Aktionsplänen zu fördern. Geschlechterstereotypen sollen beseitigt, ein besserer Zugang zu Bildung und Qualifikation gewährt und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht werden. Einschlägige Maßnahmenpakete müssten auch dafür sorgen, dass auf dem Arbeitsmarkt alles fair zugehe. Wichtig sei auch eine höhere Lohntransparenz.

Zugleich rufen die Abgeordneten "alle relevanten Akteure auf, Diskriminierung in ihren Einstellungspraktiken zu bekämpfen und Quoten einzuführen, um die Einbeziehung von Frauen – insbesondere aus unterschiedlichen Ethnien und mit Behinderungen – sowie LGBTQI+-Personen voranzutreiben. Ein weiterer Hinweis auf Einschränkungen für Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und intersexuell sind, im MINT-Bereich findet sich in dem Beschluss nicht.

Die Parlamentarier betonen, dass Mädchen mit zunehmendem Alter das Interesse an MINT-Fächern zu verlieren scheinen. Dies deute darauf hin, dass bereits in der Vorschule und in der Sekundarstufe Maßnahmen erforderlich seien, um schädlichen Stereotypen über Geschlechterrollen entgegenzuwirken. Sie verlangen von der Kommission und den Mitgliedsstaaten, neue Kommunikationskanäle zu schaffen, um mit Mädchen in Kontakt zu treten. Sie müssten sicherstellen, dass die digitale Bildung alle erreicht. Nötig sei ein effizienter Einsatz von EU-Fonds und -Programmen wie Erasmus+, um Mädchen aktiv zu ermutigen, ein Studium im IKT- und MINT-Bereich aufzunehmen.

Dass Frauen in ihrer beruflichen Laufbahn unverhältnismäßig mehr Hindernissen ausgesetzt sind als Männer, bedauern die Abgeordneten. Dies sei auf das Fehlen einer angemessenen Work-Life-Balance und die Zunahme unbezahlter Betreuungsarbeit zurückzuführen. Nötig seien daher Maßnahmen, die einen besseren Mutter- und Vaterschaftsurlaub sowie einen "bezahlten und nicht übertragbaren Elternurlaub" garantieren. Frauen und Männern müsse es gleichermaßen möglich sein, eine Auszeit zur Betreuung ihrer Kinder zu nehmen.

Es sei auch wichtig, die geplante Richtlinie für "Frauen in Führungspositionen" bald zu verabschieden, unterstreichen die Parlamentarier. Es gelte, klare Ziele für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Entscheidungsgremien festzulegen.

Berichterstatterin Susana Solís Pérez, die selbst Ingenieurin ist, zeigte sich enttäuscht, dass die Zahl der Frauen in der MINT-Ausbildung gegenüber ihrer Studienzeit fast gleich geblieben sei. Am meisten beunruhige sie, dass Frauen ohne eine Trendumkehr "nicht an der Gestaltung von Technologien teilnehmen werden, die unsere Zukunft prägen". Wenn die Covid-19-Krise den Menschen etwas vor Augen gestellt habe, dann sei es "die Bedeutung der Wissenschaft zur Überwindung eines globalen Problems". Die Liberale monierte: "Ohne Frauen wird die Zukunft wieder einmal von Männern für Männer gestaltet." EU-Digitalkommissarin Margrethe Vestager hatte jüngst betont, dass Teams mit hoher Diversität auch und gerade in der Tech-Community entscheidend seien.

(bme)