Lindows zwischen allen Stühlen

Der Ärger mit Microsoft wegen des Namens "Lindows" ist noch nicht ausgestanden, da gerät die Firma, die Windows- und Linux-Programme unter einer Oberfläche ermöglichen will, aus der Open-Source-Szene unter Druck.

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Von
  • Oliver Diedrich

Der Ärger mit Microsoft wegen des Namens "Lindows" ist noch nicht ausgestanden, da gerät Lindows.com von ganz anderer Seite unter Druck. Die Free Software Foundation, Hüterin freier Software -- vor allem des GNU-Projekts -- und der GNU General Public License (GPL), wirft dem Unternehmen von MP3.com-Gründer Michael Robertson vor, gegen die GPL zu verstoßen.

Die Firma Lindows.com, die mit dem Betriebssystem Lindows die Ausführung von Windows- und Linux-Programmen unter einer Oberfläche ermöglichen will, stellt einigen Teilnehmern des Insider-Programms so genannte Sneak Previews des LindowsOS zum Testen zur Verfügung. Die Teilnahme an diesem Programm kostet 99 US-Dollar pro Jahr und beinhaltet ein Non Disclosure Agreement, das den Insidern verbietet, sich öffentlich über die Software zu äußern. Ein Zugriff auf Vorabversionen wird dabei allerdings ausdrücklich nicht garantiert.

Was die FSF stört, ist der Umstand, dass die Sneak Previews anscheinenend keinen Quellcode enthalten. LindowsOS besteht im Wesentlichen aus der Debian-Distribution und Wine, mit dessen Hilfe sich Windows-Anwendungen unter Linux ausführen lassen. Beide Softwarepakete stehen unter der GPL, die eine Offenlegung des Quellcodes "abgeleiteter Werke" fordert.

Bruce Perens, früherer Leiter des Debian-Projekts, stößt in einem offenen Brief an Robertson ins gleiche Horn. Da das LindowsOS in großem Umfang die GPL-geschützte Arbeit der Debian- und Wine-Entwickler nutze, sieht er Lindows.com dazu verpflichtet, sich dieser Lizenz zu unterwerfen und die eigenen Entwicklungen an die Community zurückzugeben. Ein Non Disclosure Agreement für GPL-Software sei eine einseitige Änderung der Nutzungsbedingungen, die Perens als einer der Debian-Entwickler nicht akzeptieren will -- auch wenn es dadurch für Robertson schwierig wird, die eigenen Entwicklungen vor möglichen Wettbewerbern geheim zu halten.

Auch CodeWeavers, ein Unternehmen, das ebenfalls daran arbeitet, mit Wine Windows-Anwendungen unter Linux laufen zu lassen, scheint sich über dieser Frage mit Lindows.com zerstritten zu haben. Berichten zufolge haben die beiden Firmen ihre Zusammenarbeit eingestellt, weil Lindows.com einige der Modifikationen am Wine-Code für sich behalten wollte.

Lindows.com-Chef Michael Robertson wehrte sich gegen die Vorwürfe der FSF mit dem Argument, das LindowsOS sei noch "work in progress". Wenn die Entwicklung abgeschlossen sei und man Mitte des Jahres die fertige Version veröffentliche, würden alle durch die GPL geschützten Codeteile im Quelltext offen gelegt. Er fühlt sich zu Unrecht angegriffen: Sein Unternehmen tue viel für die Open-Source-Gemeinde. So habe man die diesjährige Wine-Entwicklerkonferenz gesponsert und sich verpflichtet, die Debian-Konferenz im Sommer finanziell zu unterstützen. Und nicht zuletzt werde das LindowsOS Linux insgesamt populärer machen. (odi)