Kritik an Call-by-Call im Ortsnetz

Die Einigung im Vermittlungsausschuss fĂĽhrt zu Kritik bei betroffenen Unternehmen und VerbraucherschĂĽtzern.

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Die nach langem Gezerre erfolgte Einigung über Call-by-Call im Ortsnetz stößt auf Kritik. Der Gesetzgeber legt die Hürden für einen Telekom-Mitbewerber sehr hoch. Die Zuführung soll "ortsnah" erfolgen. In Hamburg müsste ein Mitbewerber bei enger Auslegung der Vorschrift dann 17 Übergabepunkte schalten, in Berlin 30. Die Telekom-Konkurrenten, die Call-by-Call anbieten, haben aber meist bundesweit nur wenige Vermittlungsstellen, jeweils eine in den größeren Städten. Wer Ortsgespräche anbieten will, muss also zunächst einmal viel Geld in die Hand nehmen; das war wohl auch die Intention des Gesetzgebers, nachdem die unionsgeführten Bundesländer massive Kritik an den liberaleren ersten Entwürfen geäußert hatte.

Beim Telekom-Konkurrenten Arcor gibt man sich gelassen: Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren kräftig in Infrastruktur investiert und hat heute bereits über 100 Übergabepunkte. Allerdings hat Arcor den weiteren Ausbau nicht im Hinblick auf Call-by-Call im Ortsnetz forciert, sondern wegen der geänderten Abrechnungsmodalitäten für die Zuleitung von Ferngesprächen. Durch die großen Vorinvestitionen hat Arcor nun im Vergleich zu den anderen Konkurrenten eine passable Startposition. "Richtiger Wettbewerb braucht Investitionen und eigene Infrastruktur", erklärt Arcor-Pressesprecher Thomas Rompczyk das Credo seiner Firma.

Bei der 3U Telecom AG ist noch nicht klar, in welche Richtung die Reise geht: "Wir müssen erst einmal herausfinden, wie die Regelungen genau gestaltet werden, bevor wir über ein Ortsgesprächs-Angebot entscheiden können", so der Vorstandsvorsitzende Udo Graul zu heise online. Wenig Verständnis hat Graul für das starre Korsett, das Ortsgespräche via Call-by-Call nur in bestimmten Bereichen zulässt. "In anderen europäischen Ländern hat man das über den Preis geregelt. Wer wenig investiert zahlt mehr, dann erledigt sich das angebliche Problem mit Dumpingpreisen von alleine", schlägt Graul vor. 3U hat in 23 Städten jeweils mindestens einen Übergabepunkt eingerichtet. Graul befürchtet durch die Regelung eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft": "Nur wer in Ballungsräumen lebt, wird billig am Ort telefonieren können."

Deuliche Kritik an der Lösung des Vermittlungsausschusses kommt auch von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): "Wenn man hierbei stehen bleibt, ist die Einigung ein fauler Kompromiss, der die Bundesregierung nur aus der Schusslinie der EU-Kommision nimmt", so Michael Bobrowski, Telekommunikationsexperte beim vzbv. Die Verbraucherorganisation vermutet eine heimliche Allianz zwischen der Telekom und den Stadtnetzbetreibern, die die Konkurrenz ausschließen wollen. (uma)