Atomkraft: Fehlmontage im Schweizer AKW Beznau blieb lange unentdeckt

In den Schwingungsdämpfern der Notstromdieselgeneratoren sollten Anschlagbegrenzer eingebaut sein, diese fehlten aber viele Jahre.

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Notstromdieselgenerator im AKW Beznau.

(Bild: Axpo)

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Im Schweizer Atomkraftwerk Beznau waren Notstromdieselaggregate einige Jahre lang falsch eingebaut. In den Schwingungsdämpfern der Dieselgeneratoren sollten Anschlagbegrenzer eingebaut sein, diese fehlten aber, wie die Schweizer Atomaufsicht ENSI mitteilte.

Diese "Montageabweichung" habe bestanden, seit die Dieselgeneratoren in den Jahren 1992 beziehungsweise 1993 eingebaut wurden. Dies hätten Belege aus der Grundüberholung in den Jahren 2009 und 2010 gezeigt, schildert das ENSI. Die Anschlagbegrenzer hätten auch in der Zusammenbaudokumentation gefehlt. Diese Diskrepanz zwischen den Auslegungsvorgaben und dem Ist-Zustand sei während der Abnahme nicht erkannt worden. Daher habe das Betriebspersonal die Abweichung lange Zeit nicht feststellen können. Bei verschiedenen Anlässen wie der Grundüberholung oder Nachrüstungen hätte die Diskrepanz aber festgestellt werden müssen.

Festgestellt hatte das ENSI die abweichenden Einbauten während einer Überprüfung, ob das AKW Beznau vorschriftsgemäß erdbebensicher betrieben wird, deshalb nahm die Betreiberin Axpo am 9. Dezember 2020 die beiden Blöcke des AKW vom Netz. Nachdem die Fehler behoben wurden, ging das AKW am 21. Dezember 2020 wieder ans Netz. In anderen Atomkraftwerken habe es solche Montageabweichungen nicht feststellen können, schreibt das ENSI.

In beiden Notstanddieselgeneratoren steht der Dieselmotor mit dem Generator auf einem gefederten Grundrahmen. Auf diesem Grundrahmen ist der Dieselmotor mit zusätzlichen Schwingungsdämpfern befestigt, erklärt das ENSI. Der Generator ist starr mit dem Grundrahmen verbunden. Bei einem Erdbeben darf sich der Dieselmotor nur so weit bewegen, wie es die zwischen Motor und Generator liegende Wellenkupplung zulässt.

Die Anschlagbegrenzer sollen die Bewegungen des Dieselmotors begrenzen. Wenn sie fehlen, reduziert sich die Erdbebenfestigkeit des Gesamtsystems. Nach den bis 2012 geltenden Vorschriften hätte es auch ohne Anschlagbegrenzer bei einem angenommenen 10.000-jährlichen Erdbeben keine unzulässigen Relativverschiebungen gegeben, allerdings nicht nach den erhöhten Gefährdungsvorkehrungen, die nach dem Super-GAU von Fukushima eingeführt wurden.

Accident-Management-Dieselgeneratoren sollen nach einem schweren Erdbeben die für die Kühlung des Reaktorkerns benötigte elektrische Energie für beide Blöcke bereitstellen. Während der Planung des AKW Beznau in den 1960er Jahren waren sie noch nicht vorgesehen, der Notstrom sollte über das nahegelegene Wasserkraftwerk kommen. Dieses hatte aber eine sehr geringe Erdbebenfestigkeit, weshalb 1992 und 1993 erdbebenfeste Notstandsysteme nachgerüstet wurden.

Die deutsche Bundesregierung hatte im Oktober 2019 gefordert, das Atomkraftwerk Beznau sofort abzuschalten und sich damit an die Schweizer Bundesrätin für Umwelt gewandt. Damit reagierte sie auf Pläne, die Laufzeit von 50 auf 60 Jahre zu verlängern.

(anw)