30 Jahre GSM – (fast) ein Weltstandard​

Das erste Gespräch über ein kommerzielles digitales Mobilfunknetz wurde am 1. Juli 1991 in Finnland geführt – der Beginn der Telekommunikation für jedermann.​

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(Bild: KPad/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Karl-Gerhard Haas
Inhaltsverzeichnis

Global System for Mobile Communications (kurz: GSM) – hinter diesem drögen Begriff verbirgt sich die Demokratisierung des mobilen Telefonierens. Zum kommerziellen Start in Finnland am 1. Juli 1991 sprach der damalige finnische Premierminister Harri Holkeri mit der Vizebürgermeisterin von Tampere, Kaarina Suonio. Das fürs Telefonat genutzte Netz hatten Telenokia und Siemens aufgebaut. Zur selben Zeit begann der Netzausbau im wiedervereinigten Deutschland. Bis man dann tatsächlich Handys kaufen und digital von unterwegs telefonieren konnte, verging allerdings noch ein weiteres Jahr.

Die Telekom-Vorgängerin Deutsche Bundespost baute in der damaligen Bundesrepublik ab 1958 das A-Netz auf – so wurde die frühere BRD eines der ersten Länder der Welt mit Mobilfunk. Im Prinzip kann man seitdem von unterwegs "anrufen" beziehungsweise angerufen werden. Aber die Geräte fürs A-Netz waren so schwer, sperrig und stromhungrig, dass sie nur in größeren Pkw unterzubringen waren. Die Gespräche wurden per Hand vermittelt, den heute selbstverständlichen Selbstwähldienst gab es zu dieser Zeit nicht mal in allen Teilen des bundesrepublikanischen Festnetzes. Die Technik für den "öffentlichen beweglichen Landfunkdienst" (öbL) kostete zum Start rund 15.000 D-Mark, also so viel wie drei VW-Käfer. Mit maximal 11.000 Teilnehmern war das Netz Anfang der 1970er hoffnungslos überlastet. Es folgten das B- und dann das C-Netz. Aber auch das platzte Anfang der 1990er mit rund 700.000 Nutzern aus allen Nähten, in den Ballungsräumen war oft kein Durchkommen mehr.

Es war klar: Soll Telefonieren unterwegs nicht nur Geschäftsleuten und Wichtigwedlern vorbehalten bleiben, müssen neue Technik und neue Netze her. Das ab 1982 entwickelte GSM sollte dies schaffen. Digitale statt analoger Sprachübertragung nutzt die Funkkanäle effizienter, macht also Platz für mehr Gespräche und Teilnehmer. Der Wechsel auf höhere Frequenzen (deutsches C-Netz: 400 bis 470 Megahertz – MHz, Millionen Schwingungen pro Sekunde) von zunächst 900, später 1800 MHz (international zusätzlich 800 und 1900 MHz) für GSM erscheint mit Blick auf die Reichweite zunächst widersinnig, denn niedrigere Frequenzen breiten sich besser aus. Tatsächlich hilft dies aber nur in einem Netz mit wenig Funktürmen und Teilnehmern. Das für GSM konzipierte Netz von Basistationen sollte engmaschig sein – da reicht es, wenn ein Mast einen Radius von wenigen Kilometern abdeckt. Zu viel Reichweite wäre sogar kontraproduktiv, denn dann störten sich die Signale der einzelnen Zellen. Im freien Feld deckt ein 900-MHz-Turm maximal einen Radius von 35 Kilometern ab, ein 1800-MHz-Mast etwa acht. Fürs Protokoll: In den GSM-Spezifikationen stehen auch die Frequenzbänder von 400 bis unter 800 MHz – genutzt wurden sie allerdings nie.

Da sich die Nutzerinnen und Nutzer zwischen den einzelnen Basisstationen frei bewegen und ohne Unterbrechung sprechen können sollten, mussten und müssen diese in der Lage sein, Gespräche von einem Mast zum nächsten zu reichen. Diese Staffelübergabe wurde mit dem C-Netz eingeführt. In den zuvor betriebenen A- und B-Netzen hingegen brach beim Verlassen der Funkzelle die Verbindung ab. Ebenfalls schon aus dem C-Netz bekannt: die SIM-Karte, mit der man auf verschiedenen Geräten unter seiner Nummer erreichbar bleibt.

Die für die damalige Zeit deutliche Effizienzsteigerung bewirkte aber – neben dem Einsatz von Datenreduktion für die Sprachübertragung – die Kombination von Frequenz- und Zeitmultiplex. Im ursprünglichen D-Netz standen im Bereich von 890 bis 915 MHz 124 Kanäle fürs Senden und zwischen 935 und 960 MHz ebenso viele Kanäle für den Empfang bereit (Frequenzmultiplex; Frequency Division Multiple Access – FDMA). Jeder dieser Kanäle konnte von mehreren Teilnehmern gleichzeitig genutzt werden, weil man per Zeitmultiplex (Time Division Multiple Access, TDMA) jedem Mobiltelefonierer einen von acht je 577 Mikrosekunden kurzen Zeitschlitzen zuweist.

Zum Start 1991 demonstrierte die Deutsche Bundespost ihr GSM-basiertes D-Netz auf dem früheren Stuttgarter Messegelände am Killesberg – nur gab es noch keine Fernsprecher. Beim Verbraucher kam die Technik exakt ein Jahr später an, als die Telekom mit D 1 startete. Rivale Mannesmann legte einen Tag früher los, am 30. Juni 1992. Die Preise vor 29 Jahren waren gediegen: Die Telekom wollte für ihren günstigsten – anfangs kaum lieferbaren – Mobilfernsprecher 3190 D-Mark, die Gesprächsminute bei D 2 schlug mit 1,44 D-Mark zu Buche. Dazu kamen noch Grundgebühren von fast 80 D-Mark pro Monat. Kein Wunder, dass die Technik verhalten startete – die Endgeräte waren zwar etwas günstiger als die fürs C-Netz, aber noch weit von heutigen Schnäppchentarifen entfernt.