Altes Gaskraftwerk als Bitcoin-Miningfarm: Anwohner befürchten Umweltschäden

In den USA sorgt ein als Bitcoin-Miningfarm wieder in Betrieb genommenes Gaskraftwerk für Proteste. Unter anderem heize es einen nahegelegenen See auf.

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Gaskraftwerk und Miningfarm in einem: Greenidge Power Plant

(Bild: Greenidge Generation)

Lesezeit: 4 Min.

Ein als Bitcoin-Miningfarm wieder in Betrieb genommenes Gaskraftwerk sorgt in dem US-Städtchen Dresden im Bundesstaat New York für anhaltenden Streit. Anwohner protestieren und werfen den Betreibern derzeit unter anderem vor, die Greenidge Power Plant genannte Anlage würde durch zur Kühlung aufgenommenes und wieder ausgeleitetes Wasser den nahe gelegenen See Lake Seneca aufheizen.

"Der See ist so warm, man fühlt sich wie in einem Whirlpool", zitiert der US-Sender NBC eine Anwohnerin. Die Umweltschutz-Organisation Earth Justice bemängelt, das erwärmte Wasser würde die heimischen Forellen töten und schädlichen Algenwuchs fördern. Die Betreiber weisen dies laut NBC zurück. Die derzeitige Betriebserlaubnis sehe vor, dass Greenidge im Sommer Wasser mit umgerechnet bis zu 42 Grad Celsius in den See leiten darf, im Winter bis zu 30 Grad. Angaben von Greenidge nach liege man deutlich drunter. "Die Umweltauswirkungen des Kraftwerks sind bislang noch nie so gut gewesen wie jetzt", sagte Jeff Kirt, Chef der Betreibergesellschaft.

Das stillgelegte Kraftwerk wurde 2014 von der Private-Equity-Gesellschaft Atlas Holdings gekauft, 2017 auf den Betrieb mit Erdgas umgestellt und dann wieder in Betrieb genommen. 2019 kam man auf die Idee, die erzeugte Energie nicht nur ins Stromnetz einzuspeisen, sondern auch für Miningrechner direkt in der Anlage zu nutzen. Seit Anfang 2020 ist das offenbar sehr profitable Bitcoin-Mining-Rechenzentrum in Betrieb, ein großer Ausbau ist geplant.

Laut NBC sind rund 8000 Miningrechner rund um die Uhr in Betrieb und spucken Hashwerte aus. Stand vom März lag die Hashingleistung dem Betreiber zufolge bei rund 1,1 Exahash/s, wobei für den Strombedarf 19 Megawatt an Kraftwerkskapazität zur Verfügung stehen. Bis 2022 will man 2,6 Exahash/s erreichen und das Kraftwerk auf 106 Megawatt ausbauen, bis 2025 sogar auf 500 Megawatt. Da Strom und Bitcoin-Mining aus einer Hand kämen, könne man besonders günstig schürfen: Stand Februar 2021 habe man binnen eines Jahres 1186 Bitcoins mit durchschnittlichen Kosten von 2869 US-Dollar pro Coin erzeugt. Derzeit liegt der Bitcoinkurs bei rund 34.000 US-Dollar.

Die CO2-Emissionen lagen laut dem NBC-Bericht im vergangenen Jahr bei 243.103 Tonnen. Die Greenidge-Betreiber verweisen darauf, dass sie seit Juni für 100 Prozent ihres CO2-Ausstoßes Emissionzertifikate kauften. Damit sehen sie sich als klimaneutral und wollen darüber hinaus auch Projekte für erneuerbare Energien fördern.

Kritik an dem Geschäftsmodell ist bereits von verschiedenen Seiten laut geworden. Unter anderem hatten sich Umweltaktivisten bereits im April in einem Brief an New Yorks Governeur Andrew Cuomo über den CO2-Ausstoß von dem Kraftwerk beschwert. Sie warnten auch davor, dass dieses Geschäftsmodell Schule machen könne: Es gebe rund 30 alte, fossile Kraftwerke im Bundesstaat, die sich auf ähnliche Weise wieder in Betrieb nehmen ließen.

Bislang fanden Schätzungen nach bis zu zwei Drittel des Bitcoin-Minings in China statt. Seitdem die chinesischen Behörden scharf dagegen vorgehen, bahnt sich ein Schürferexodus in andere Länder an. Unter anderem scheint nun die Mining-Industrie in den USA zu boomen. Politiker aus verschiedenen Bundesstaaten wie Texas und Wyoming haben sich bereits mit Bitcoinfreundlichkeit hervorgetan und um Ansiedlung von Miningfarmen geworben, unter anderem die Senatorin Cynthia Lummis (Republikaner).

Im Bundesstaat New York und damit auch am Lake Seneca könnte hingegen der neue Mining-Boom ganz schnell wieder zu Ende gehen: Ein im Mai eingebrachter Gesetzesvorschlag sieht einen drei Jahre währenden Betriebsstopp für Kryptogeld-Miningfarmen vor. In der Zeit dieses Moratoriums solle dann eine Untersuchung der dortigen Umweltbehörde die Auswirkungen der Coinschürferei klären. Erst danach könnten Mining-Anlagen eine Betriebserlaubnis erhalten. Aktuell wurde der Vorschlag bereits vom Senat des Bundesstaats gebilligt und liegt nun dem Unterhaus zur Abstimmung vor.

(axk)