Mini-Brennstoffzellen gewinnen Energie aus Fingerschweiß – sogar im Schlaf

Eine neuartige Bio-Brennstoffzelle in Folienform wandelt Schweiß und Fingerdruck in Energie um, genug für kleine Sensoren und Wearables.

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UCSD

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Bettina Wurche

Der Nano-Ingenieur Lu Yin der University of California in San Diego (UCSD) hat mit einem Team eine neuartige Bio-Brennstoffzelle als Folie entwickelt, die aus menschlichem Schweiß Energie gewinnen soll. So könne die hauchdünne, flexible Folie kontinuierlich und sogar im Schlaf Energie sammeln. Außerdem ist das winzige Gerät mit einem piezoelektrischen Generator ausgestattet, der bei Druck zusätzlichen Strom produziert. Der Nutzer müsste also nichts weiter tun, als die kleine Folie bei alltäglichen Tätigkeiten, in Ruhephasen und im Schlaf, am Finger zu tragen.

Bisher sind sich selbst mit Bioenergie versorgende tragbare Systeme äußerst ineffizient, erklären die Forscher. Entweder erzeugen sie nur wenig Energie oder sie basieren auf Energiegewinnung durch Bewegung, was mit Anstrengung für den Benutzer verbunden ist. Einen unabhängigen und dabei effektiven Energiesammler für Ruhezeiten gab es noch nicht.

Dieser Energie-Kollektor ist klein genug, um auf die Fingerkuppe zu passen, dort ist die Schweißabscheidung am höchsten. Gerade an dieser Stelle produziert der menschliche Körper durch über 1000 Schweißdrüsen 100- bis 1000-mal mehr Schweiß als an anderen Stellen. Wegen der sofortigen Verdunstung merken wir davon allerdings selten etwas. Eine berührungsbasierte Laktat-Biobrennstoffzelle nutzt dann die hohe Schweißrate für die Bioenergiegewinnung: Ein Enzym im Schweiß verursacht eine chemische Reaktion, bei der ein wenig Energie frei wird.

Angetrieben durch den permanenten Fingerkontakt wird die Bioenergie während des Schlafs kontinuierlich gesammelt. Damit hätte sie einen Vorsprung vor allen anderen bisher entwickelten "On-Body-Harvestern" – also am Körper getragenen Energiesammlern. Zur Maximierung der Energiegewinnung setzten die Wissenschaftler zusätzlich noch winzige piezoelektrische Generatoren unter die dünne Biobrennstoffzelle, um auch noch die mechanische Energie des Fingerdrucks zu nutzen. Das lohnt sich dann vor allem tagsüber, etwa beim Tippen auf einer Tastatur oder anderen kleinen Druckveränderungen.

Der Kollektor ist laut dem Forschungsteam zwar so klein, dass er nur eine Fingerkuppe bedeckt, kann darauf jedoch innerhalb von 10 Stunden Schlaf passiv bis zu 400 Millijoule pro Quadratzentimeter sammeln, das entspricht 0,1 Milliwattstunden. Die so erzeugte Energiemenge ist zwar gering, aber kontinuierlich. Die Ausbeute kann erhöht werden, indem das System per Klebefolie auf mehrere Finger aufgetragen wird. Die Energieausbeute hängt natürlich auch von der individuellen Schweißrate ab.

Einsatzmöglichkeiten sehen die Wissenschaftler vor allem bei Wearables, also jenen nützlichen Mini-Geräten, die mit einem Mikrocomputer und Sensoren ausgestattet meist direkt am Körper getragen werden, oft mit Hautkontakt. Als Smartwatches, Fitnesstracker, Sportuhren und andere elektronische Helferlein erkennen, analysieren und übertragen sie Informationen über Körpersignale, Vitalparameter und andere Daten.

Die Technologie der tragbaren smarten Accessoires habe zwar schon große Fortschritte in Bezug auf Funktionalität und Leistung gemacht, die Batterie- oder Akkulaufzeit aber sei oft der limitierende Faktor, sagt Yin. Kabellose Ohrhörer müssen meist nach wenigen Stunden aufgeladen werden und einige Smartwatches halten kaum einen ganzen Tag lang. Die Biobrennstoffzellen könnten Ying zufolge Akkus ersetzen oder zumindest deren Lebensdauer verlängern. Gefördert wurde diese Entwicklung entsprechend auch durch das kalifornische UCSD Center for Wearable Sensors und die National Research Foundation of Korea.

Auch wenn die foliendünne Bio-Brennstoffzelle mit dem Schweiß und Druck der Fingerspitzen schon überraschend viel Leistung erzeugen kann: Für den Betrieb einer Apple Watch würde die Energie noch nicht ausreichen. Aber für eine Armbanduhr oder kleine Sensoren und Displays dürfte es schon genügen. Derzeit arbeitet das Forschungsteam um Yin daran, die Technologie noch leistungsfähiger zu machen. Publiziert ist die Studie "High energy return on investment“ der Nano-Ingenieure sehr passend im Fachmagazin Joule.

(axk)