Portal gesperrt: Apotheken können keine Covid-Impfzertifikate mehr ausstellen

Apotheken können keine digitalen Covid-Zertifikate mehr ausstellen: Der Apothekerverband hat sein Portal abgeschaltet und gibt Journalisten die Schuld.

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Person mit Reisepass und digitalem Impfnachweis in einer Smartphone-App wartet auf dem Flughafen.

(Bild: Shutterstock.com/ronstik)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Gerald Himmelein
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Seit Mittwochnachmittag können Apotheker keine digitalen COVID-Zertifikate mehr ausstellen. Der Betreiber, der Deutsche Apothekerverband, hat nach Bekanntwerden einer Sicherheitslücke alle Zugänge gesperrt. Bisher ist noch kein Termin zur Wiederaufnahme des Dienstes bekannt.

Derzeit erhalten Apotheker nur die Meldung: "Aktuell ist die Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten nicht möglich." Und weiter: "Sobald die Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten für Ihre Apotheke wieder möglich ist, informieren wir sie umgehend." Einige Apotheker befürchteten erst eine Sperrung ihres Zugangs, bevor sich herumsprach, dass bundesweit alle Apotheken betroffen sind.

Das Portal zur Ausstellung von Impf- und Genesungszertifikaten wird vom Deutschen Apothekerverband (DAV) bereitgestellt. Ursprünglich stand es nur Apotheken offen, die Mitglieder in einem Landesapothekenverband sind. Auf Druck des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) richtete der DAV dann auch ein Zugang für Nicht-Mitglieder ein. Genau dieser "Gastzugang" scheint jetzt zum Problem geworden zu sein.

Nicht-Mitglieder mussten sich bisher gegenüber dem DAV mit einer amtlichen Betriebserlaubnis und einem Betriebsnachweis ausweisen, um einen Gastzugang zu erhalten. Der Betriebsnachweis musste durch einen aktuellen "Bescheid des Nacht- und Notdienstfonds" erbracht werden. Zusätzlich erhob der DAV eine Registrierungsgebühr von 200 Euro.

Hier haben offenbar Reporter des Handelsblatts angesetzt. Mit "professionell gefälschten Dokumenten" haben die Reporter "einen Gastzugang für einen nicht existierenden Apothekeninhaber erzeugt", verkündet der DAV in einer indigniert klingenden Stellungnahme.

Will meinen: Das Handelsblatt hat zwei gefälschte Nachweise vorgelegt, der DAV hat die Fälschung nicht erkannt und einen Gastzugang eingerichtet. Wie "professionell" diese Nachweise wirklich waren, ist sicherlich in Kürze im Handelsblatt nachzulesen.

Als Proof of Concept haben die Reporter ein Zertifikat-Paar ausgestellt und den DAV über ihren Erfolg informiert. Nach Rücksprache mit dem BMG sperrte der Apothekerverband daraufhin für alle Apotheken den Zugang.

In der offiziellen Stellungnahme grenzt der DAV das Problem geschickt auf die Existenz der staatlich verordneten Gastzugänge ein. Insgesamt seien knapp 17.900 Apotheken beim Portal registriert, von denen nur 470 über den Gastzugang zugreifen. Warum der DAV den Zugang dann auch für Vereinsmitglieder sperrt, lässt der Verband offen.

Bei den Vereinsmitgliedern habe sich der DAV über die Daten im Mitgliederverzeichnis von der Existenz der Apotheken vergewissern können. Zu den Gastzugängen gibt der DAV an, die Betriebsstätten "mehrfach pro Woche" überprüfen.

Jetzt laufe darüber hinaus eine zusätzliche Überprüfung: "Diese hat bis zum heutigen Donnerstagmittag keine Hinweise auf andere unberechtigte Zugänge ergeben, deren Erstellung in betrügerischer Absicht nur mit erheblichem Aufwand und krimineller Energie denkbar ist."

Daher gehe der DAV davon aus, dass die über 25 Millionen von Apotheken ausgestellten Impfzertifikate "alle von rechtmäßig registrierten Apotheken ausgestellt wurden."

Gleichzeitig überprüfe der DAV die Einführung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen, um künftigem Missbrauch des Portals vorzubeugen. Den Zertifikats-Server will der DAV erst nach Absprache mit dem BMG wieder online stellen. In dieser Woche ist damit wohl nicht mehr zu rechnen.

(mho)