QSC sperrt bundesweit Nazi-Seiten

Der DSL-Anbieter QSC blockiert bundesweit zwei Nazi-Webseiten, um der umstrittenen Sperrungsverfügung der Bezierksregierung Düsseldorf nachzukommen.

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Von
  • Monika Ermert

Der DSL-Anbieter QSC sperrt für seine Kunden bundesweit die Nazi-Seite stormfront.org. Eine QSC-Sprecherin bestätigte gegenüber heise online, dass man bereits seit vergangenem Monat die entsprechenden DNS-Anfragen auf die Seite der Bezirksregierung Düsseldorf umleitet. Gesperrt ist auch die Seite www.nazi-lauck-nsdapao.com.

Die Sperrung beider Seiten hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Ende vergangenen Jahres erstmals gegenüber 78 Internet-Providern in Nordrhein-Westfalen angeordnet. Zehn Provider, die die Sperrungsverfügungen gerichtlich klären lassen wollen, wurden in der vergangenen Woche zum Sofortvollzug aufgefordert.

"Auch wir hatten zunächst Widerspruch gegen die Sperrverfügung eingelegt," sagte die QSC-Sprecherin. Nach der Ablehnung der Widersprüche habe man sich allerdings entschlossen der Verfügung nachzukommen, vor allem aus Gründen der Verhältnismäßigkeit. "Wären es nicht zwei, sondern 200 oder 2000 würde es wieder anders aussehen." Gerade die Befürchtung, dass mit den Sperrverfügungen nur ein erstes Exempel statuiert werden soll, ist das Motiv für den harten Kern der vor Gericht gezogenen Provider.

Die bundesweite Sperrung für alle QSC-Kunden entspringe der Interpretation, dass man als Provider mit Stammsitz in Köln nicht unbedingt differenzieren könne, heißt es bei QSC: "Mit einem gewissen technischen Aufwand wäre das wohl möglich, aber ob wir das wirklich wollen?" Im Übrigen sei die Sperrung ein recht unzulängliches Mittel und verhältnismäßig leicht zu umgehen. "Es geht der Bezirksregierung allerdings wohl eher ums Prinzip", so die Sprecherin. Verwenden die Nutzer andere DNS-Server oder sogar nur andere Domains, bleiben die Seiten erreichbar.

Bei der Bezirksregierung sieht man die erste bundesweite Sperrung durchaus als rechtens an. Jürgen Schütte, für die Medienaufsicht zuständiger Referent bei der Bezirksregierung, sagte dazu, "die betreffenden Seiten verbreiten schließlich jeden Tag strafbare Inhalte, natürlich ist eine Sperrung für alle Nutzer daher auf jeden Fall in Ordnung." Auch der neue Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der im kommenden Jahr in Kraft treten soll, sehe genau solche Sperrungen volksverhetzender Seiten bundesweit vor. Überrascht zeigte sich Schütte davon, dass stormfront.org- und nasdapao-Anfragen aller QSC-Kunden auf die Seiten der Bezirksregierung umgeleitet würden.

"Datenschutzmäßig doch höchst bedenklich," nannte dies noch einmal Jens Ohlig, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC). Über Cookies auf den Seiten der Bezirksregierung würden neben Informationen über Betriebssystem und Browser vor allem die IP-Nummern der auf die inkriminierten Seiten zugreifenden Nutzer erfasst. "Wenn wir davon Kenntnis hätten, würden wir das sofort abstellen", versichert demgegenüber Schütte. Schon einmal, bei den Sperrungen durch den Provider ISIS, habe man dementsprechend reagiert.

Beim CCC fühlt man sich im gewachsenen Misstrauen gegenüber der Bezirksregierung nun mit der ersten bundesweiten Sperrung -- realisiert durch Manipulation der DNS-Einträge -- noch einmal bestätigt. Der CCC lehnt die Sperren generell ab, weil, so betonen Sprecher Jens Ohlig und ICANN-Direktor Andy Müller-Maguhn, gesellschaftliche Probleme wie der Rechtsradikalismus nicht technisch gelöst werden könnten. Auch juristisch stoße die Sperrverfügung aus dem Hause von Bezirkspräsident Jürgen Büssow auf vielfältige Kritik, betont Ohlig. Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung wird so vor allem auch die Verantwortlichkeit der reinen Access-Provider für fremde Inhalte und die Zuständigkeit der Bezirksregierung sein.

Müller-Maguhn kann den Streit mit dem Regierungspräsidenten am kommenden Dienstag bei der von der Bezirksregierung und Landesmedienanstalt organisierten Konferenz Gewalt und Hass im Internet auf einer Podiumsdiskussion austragen. Einen Tag vorher lädt der CCC bereits zur Gegenveranstaltung , ohne Beteiligung der Bezirksregierung. Auf den Krieg der Kongresse darf man gespannt sein.(Monika Ermert) / (wst)