Französischer Senat stimmt neuem Gesetz zu Internet-Sperren zu

Richter sollen im Schnellverfahren Urheberrechtsverstöße mit bis zu einem Jahr Sperre bestrafen können. Eine Sperre bis zu einem Monat droht auch, wenn ein Anderer als der Inhaber über den Zugang gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen hat.

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Von
  • Thomas Pany

Der französische Senat hat am gestrigen Mittwoch den ergänzenden Sanktionsteil zum Anti-Filesharinggesetz zugestimmt. Mit einer Mehrheit von 189 Stimmen gegenüber 142 Gegenstimmen hat die 2.Kammer der Legislative den Vorschlag der Regierung angenommen. Die Gegenstimmen kamen überwiegend aus der sozialistischen und der kommunistischen Partei.

Der verabschiedete Gesetzestext legt Strafen fest, die bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen über einen Internetnutzer verhängt werden können. Die Ergänzung zum bereits verabschiedeten gekürzten Internetgesetz wurde von der Regierung vorangetrieben, nachdem der Verfassungsrat Anfang Juni entschieden hatte, dass der vorherige Regierungsentwurf nicht verfassungskonform ist. Nach dem neuen Entwurf werden die Strafen, wie von den Verfassungsrichtern gefordert, nun strafrichterlich angeordnet, statt von einer eigens geschaffenen Behörde (HADOPI) verhängt.

In einem vereinfachten beschleunigten Verfahren, das demjenigen ähnelt, das bei Geschwindigkeitsüberschreitungen praktiziert wird, kann der Richter eine Höchststrafe von bis zu einem Jahr Internetsperre für mehrmaliges nicht-lizenziertes Kopieren von urheberrechtlich geschützten Werken aussprechen. Die Gebühr für den Provider muss der betroffene Nutzer dennoch weiter entrichten. Sollte ein Internetuser, der bereits gesperrt ist, ein erneuter Urheberrechtsverstoß nachgewiesen werden, droht ihm eine Strafe von 3750 Euro. Der Richter entscheidet auf der Grundlage eines Dossiers, das von der Kontrollbehörde HADOPI, die eng mit Rechteinhabern zusammenarbeitet, vorbereitet wird. Laut Regierung soll dieses Verfahren 80 Prozent der Fälle abdecken. Man erwartet etwa 50.000 Fälle im Jahr. Dazu sollen 109 neue Stellen geschaffen werden, darunter 26 Magistratsrichter.

Bei besonders schweren Verstößen und im Fall eines Widerspruchs sind strafrechtliche Verfahren vorgesehen. Hier kann die bereits bestehende Gesetzgebung zu Fälschungen angewendet und Gefängnisstrafen bis zu 2 Jahren sowie Geldstrafen von bis zu 300.000 Euro verhängt werden. Wenn Urheberrechtsverletzungen unter dem Strafbestand der Fälschung geahndet werden, gelten die Verurteilten als vorbestraft. In den anderen Fällen werden die Verstöße nicht in das Vorstrafenregister aufgenommen.

Laut dem neuen Entwurf riskiert der mehrmals verwarnte Filesharer auch dann eine einmonatige Sperre und eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, wenn ein Dritter über seinen Internetzugang die Urheberrechtsverstöße begangen hat. Der dazugehörige neu eingeführte Tatbestand der "Nachlässigkeit" – im Orginalgesetzestext "négligence caractérisée" – wird bereits kritisiert, da er eine Sicherungssoftware des Internetusers voraussetzt. Die Kritiker befürchten, dass über vorgeschriebene Software zur Absicherung des Internetzugangs über lange Frist eine Zensurinfrastruktur aufgebaut werden kann.

Umstrittenen ist auch eine Formulierung, die neu im Ergänzungstext aufgenommen wurde: Demnach können Verstöße geahndet werden, die allgemein über "elektronische Kommunikation" begangen werden, also beispielsweise auch per Mail. Kritiker befürchten hier eine Ausweitung der Überwachung. Weitere Debatten über das Hadopi2-Gesetz sind also zu erwarten. Ab 21. Juli kommt die Sanktionsergänzung vor die erste Kammer des französischen Parlaments, die Nationalversammlung. ()