Golfstrom-System nähert sich womöglich kritischer Schwelle und Zusammenbruch

Die Atlantische Umwälzströmung beziehungsweise der Golfstrom nähert sich womöglich tatsächlich seinem Zusammenbruch. Der dürfte schwerwiegende Folgen haben.

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(Bild: jremes84/Shutterstock.com)

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Das wichtige Meeresströmungssystem im Atlantik, zu dem auch der Golfstrom gehört, ist einem Zusammenbruch offenbar deutlich näher als befürchtet. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Vor dem Ergebnis der aktuellen Studie sei noch unklar gewesen, ob es sich bei der beobachteten massiven Abschwächung nur um eine Fluktuation im Rahmen des aktuellen Zirkulationszustandes handelt oder einen so weit gehenden Stabilitätsverlust, dass ein unumkehrbarer Übergang zum schwachen Modus möglich ist. Es erscheine nun so, dass tatsächlich eine kritische Schwelle herannaht, an der das System zusammenbrechen könnte.

Schon seit einer Weile legen Studien nahe, dass die sogenannte Atlantische Umwälzströmung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) immer schwächer wird. Das auch als Golfstrom bezeichnete System transportiert gigantische Mengen an warmem Wasser aus den Tropen an der Meeresoberfläche nach Norden und darunter kaltes Wasser in den Süden. Damit ist die AMOC unter anderem für die vergleichsweise milden Temperaturen in Europa von großer Bedeutung. Ein Zusammenbrechen des Systems kann aber nicht nur für Europa schwerwiegende Konsequenzen haben. Die tief greifenden Veränderungen werden mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht.

Wie der Studienautor Niklas Boers nun erläutert, haben Computersimulationen und Daten aus der Erdgeschichte bereits gezeigt, dass die AMOC zwei verschiedene Zustände einnehmen kann – den aktuellen und einen deutlich schwächeren. Zwischen beiden seien "grundsätzlich auch abrupte Übergänge" möglich. Als ermittelt wurde, dass das System aktuell so schwach ist, wie seit tausend Jahren nicht mehr, sei nicht klar gewesen, ob es wirklich auf solch einen abrupten Übergang zusteuert oder lediglich fluktuiert. Die nun im Fachmagazin Nature Climate Change vorgestellte Analyse von Temperatur- und Salzgehaltsmustern der Meeresoberfläche des Atlantiks lege nahe, dass es tatsächlich den befürchteten Stabilitätsverlust gebe. Das lege das Herannahen einer kritischen Schwelle nahe, "jenseits derer das Zirkulationssystem zusammenbrechen könnte".

Die Abschwächung hat verschiedene Ursachen, die mit dem von Menschen verantworteten Klimawandel zusammenhängen, erklärt das Institut noch. So fließt aufgrund des Abschmelzens des grönländischen Eisschilds, anderer Eisflächen und weiterer Veränderungen viel mehr Süßwasser in den Nordatlantik. Weil das leichter ist als Salzwasser, sinkt das dort weniger stark in größere Tiefen ab. Das sei einer der wichtigsten Gründe für die Abschwächung. Boers meint nun, dass man die Modelle dringend mit seiner Erkenntnisse in Einklang bringen müsse. Erst dann könne man beurteilen, wie weit die AMOC tatsächlich von dem kritischen Schwellenwert entfernt ist.

(mho)