Netzstart von 1&1: "Gehen Sie mal von 2023 aus"

Der Newcomer unter den Mobilfunkern bereitet den Ausbau vor. Noch laufen Verhandlungen über Standorte. Bis Ende 2022 sollen die ersten 1000 Antennen ans Netz.

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Will den deutschen Mobilfunkmarkt aufmischen: 1&1-CEO Ralph Dommermuth.

(Bild: 1&1)

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Das eigene Mobilfunknetz von 1&1 wird wohl nicht vor 2023 auf Sendung gehen. Das erklärte CEO Ralph Dommermuth am Donnerstag zur Präsentation der Halbjahreszahlen des Unternehmens. "Gehen Sie mal davon aus, dass wir irgendwo über das Jahr 2023 sprechen", sagte Dommermuth. "Vielleicht ist es der erste Januar, vielleicht ist es etwas später." Sobald das Netz läuft, sollen die Kunden auf die eigene Infrastruktur migriert werden.

Der 1&1-Chef zeigte sich zuversichtlich, die Ausbauauflagen der Bundesnetzagentur aus der Frequenzauktion 2019 erfüllen zu können. "Wir haben die erste Ausbauverpflichtung für 1000 Antennen bis Jahresende 2022 und gehen davon aus, dass wir das schaffen werden", sagte Dommermuth. Für den Aufbau des 4G/5G-Netzes hat sich 1&1 die Dienste des japanischen Handelskonzerns Rakuten gesichert, der als Generalunternehmen für 1&1 ein Mobilfunknetz auf Basis den offenen Standards Open RAN ausbauen soll.

Offen ist noch, welche Produkt 1&1 zum Netzstart anbieten will. "Wir müssen sehen, ob wir sofort schon mit mobilen Zugängen an den Markt gehen oder ob wir erst mal Fixed Wireless Access anbieten, also ein Festnetzersatzprodukt", sagte Dommermuth. Das hinge auch davon ab, "wie schnell das nationale Roaming mit Telefónica funktioniert", was eine gewisse Zeit brauche, "bis es zur Verfügung steht".

Über die Antennenstandorte für das eigene Netz verhandelt 1&1 noch mit verschiedenen Unternehmen, die solche Standorte betreiben und auf ihnen Antennenplätze an Netzbetreiber vermieten. Dommermuth schätzt, dass 1&1 rund 12.000 Standorte in rund 390 Städten benötigt, um die Auflage der Bundesnetzagentur erfüllen zu können, bis 2030 rund 50 Prozent der Haushalte abzudecken.

Diese 12.000 Standorte wird das Unternehmen nicht alle anmieten können. "Entweder gibt es an den Masten keinen Platz mehr oder man darf aus Strahlenschutzgründen keine weitere Antenne anbauen", erklärte Dommermuth. Deshalb wird 1&1 auch Standorte selbst erschließen und bauen müssen. "Wir möchten so wenig wie möglich selbst bauen. Je mehr wir bauen müssen, desto länger dauert es."

1&1 baut sein Netz mit Rakuten und Open RAN.

(Bild: 1&1)

Rakuten wird als Systemintegrator den Aufbau und den Betrieb des Netzes verantworten. Das japanische Unternehmen betreibt solch ein Netz bereits in seinem Heimatland. Für 1&1 soll im Kernnetzbereich Software des US-Unternehmens Mavenir zum Einsatz kommen. Am Mittwoch hatte Rakuten zudem die Übernahme von Altiostar Networks bekannt gegeben, die auf virtualisierte Funknetzlösungen spezialisiert sind.

Auf der Hardwareseite sollen zunächst Antennen von NEC eingesetzt werden, teilte 1&1 mit. Dommermuth rechnet nicht damit, dass der globale Chipmangel zu Verspätungen beim Ausbau führen wird. Derzeit laufen noch die Vorbereitungsarbeiten für das neue Netz. "Die Antennen werden nicht in den nächsten Monaten geliefert", sagte der CEO. Er erwarte, dass 1&1 dann nicht vom Chipmangel betroffen sein wird.

Zu den Kosten des Netzaufbaus wollte 1&1 keine Angaben machen. In japanischen Medien hieß es, der Vertrag mit Rakuten habe ein Volumen von 2 Milliarden Euro über zehn Jahre. Dommermuth wollte das nicht bestätigen. Der Vertrag mit Rakuten enthalte Hardware, Software sowie Dienstleistungen und sei an verschiedene Ziele geknüpft. Dommermuth betonte, "dass wir für die reine Dienstleistung von Rakuten nicht 200 Millionen im Jahr bezahlen", wollte damit aber ausdrücklich nicht die durch die Medien geisternden Zahlen bestätigt wissen.

Sobald das Netz in Betrieb geht, will 1&1 seine Kunden auf die eigene Infrastruktur migrieren. "An dem Tag, an dem unser Netz in den kommerziellen Betrieb geht, wir Mobilfunkleistungen anbieten und das National Roaming freigeschaltet ist, lasten wir keine Kunden mehr in unsere MVNO-Verträge ein", sagte Dommermuth. Bestandskunden werden dann zumeist automatisch umgeschaltet.

"Den Umzug muss man sich so vorstellen, dass wir dem ganz überwiegenden Teil unserer Kunden mit SIM-Karten ausgestattet haben, die zwei Profile haben", erklärte Dommermuth. "Die Idee ist, dass der Kunde keine SIM-Karte austauschen muss, sondern dass wir 'over the air' das zweite Profil aktivieren und der Kunde sich dann statt in das Telefonica-Netz automatisch in das 1&1-Netz einloggt."

(vbr)