Digitalkompetenz: 61 Prozent der Bundesbürger meinen, Fake News zu erkennen

Drei von fünf Bundesbürgern fühlen sich sicher, seriöse von unseriösen Online-Nachrichten unterscheiden zu können, geht aus einer aktuellen Studie hervor.

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(Bild: fizkes/Shutterstock.com)

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87 Prozent der Bürger in Deutschland können nach eigenen Angaben Recherchen im Internet etwa über Suchmaschinen durchführen und so gezielt nach Informationen suchen. Diese Kompetenz ist auch in den höheren Altersgruppen noch breit vorhanden, bei den Über-70-Jährigen etwa zu 74 Prozent. Dies ist ein Ergebnis der Studie "Digital Skills Gap" der Initiative D21. Die Beratungsgesellschaft ITM hat dafür eine Sonderauswertung des Digital-Index 2020/21 der öffentlich-privaten Partnerschaft durchgeführt.

Gefragt nach der Nutzung verschiedener Quellen bei der Recherche zeigen sich aber sichtbare Rückgänge. Insgesamt beherrschen dies noch 74 Prozent. Mehr als 80 Prozent der Unter-50-Jährigen setzen hier auf ein breiteres Informationsangebot, bei den Über-70-Jährigen sind es aber nur noch 43 Prozent. Männer geben zudem generell eher an, sich unterschiedlicher Quellen zu bedienen, als Frauen.

Bei der Bewertung von Quellen, um seriöse von unseriösen Nachrichten unterscheiden zu können, fühlen sich insgesamt 61 Prozent sicher. Bei den Männern sind es zwei Drittel, bei den Frauen 55 Prozent. Auch hier spielt das Alter eine Rolle: Bei der Gruppe 70+ trauen sich diese Fähigkeit nur noch 47 Prozent zu. Noch stärker zeigt sich hier aber ein anderer Effekt: Erwartungsgemäß hat der formale Bildungsgrad einen starken Einfluss: Der Unterschied zwischen gering Gebildeten, von denen nur knapp 2 von 5 potenzielle Falschinformationen erkennen und höher Gebildeten (drei Viertel) ist groß.

Die sich hier auftuende Lücke halten die Verfasser der Analyse "vor dem Hintergrund der hohen Komplexität aktueller Sachverhalte und Entwicklungen" wie etwa der Covid-19-Pandemie, dem fortschreitenden Klimawandel oder anstehenden Wahlen für "ein großes Problem". Wer die Informationen, die er oder sie im Netz liest, nicht prüfe, "läuft Gefahr, stark vereinfachte, einseitige oder gar falsche Informationen zu glauben und zu reproduzieren" sowie Opfer gezielter Desinformationskampagnen zu werden.

"Dies stellt sowohl für jede und jeden Einzelnen als auch für die Gesellschaft eine Gefahr dar", warnen die Autoren. Es führe im schlimmsten Falle zu "einer Abspaltung von Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern, die diese Anschauungen nicht teilen und einem zunehmenden Abdriften in eine Parallelwelt". Dies sei eine ernstzunehmende Bedrohung "für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie".

Laut der Untersuchung geht die deutsche Bevölkerung generell sehr unterschiedlich kompetent mit den Anforderungen der Digitalisierung im Alltag und Berufsleben um. Dabei zeigten sich vor allem zwei Spaltungen. Der Großteil der Bürger habe hohe Anwendungskompetenzen und nutze digitale Anwendungen und Geräte souverän. Nur wenige verständen aber die dahinterliegenden Mechanismen und Zusammenhänge. Ferner gebe es starke Unterschiede entlang Alter, Bildung und Art der Berufstätigkeit.

Den größten Handlungsbedarf sehen die Verfasser bei der "Problemlösekompetenz". Die Fähigkeit, sich die digitale Welt durch Verständnis und selbstständiges Dazulernen zu erschließen, sei unterschiedlich verteilt und hänge oft mit der Bildung zusammen. Über 60 Prozent der Menschen mit hoher Bildung könnten sich selbst Wissen aneignen, 54 Prozent trauten sich auch zu, anderen bei Problemen zu helfen. Bei niedriger Bildung sind es nur knapp über 20 Prozent. Digital weniger Kompetente halten es zudem oft gar nicht für nötig, ihre digitalen Kompetenzen auszubauen.

Dass auch das Alter in vielen Fertigkeitsbereichen die Ergebnisse drücke, führt laut der Studie in der Folge teils dazu, dass gerade diejenigen, die etwa aufgrund eingeschränkter Mobilität in bestimmten Lebenssituationen besonders von digitalen Angeboten profitieren könnten, diese seltener nutzten.

Zumindest im Bereich der Kommunikation läuft vieles weitgehend: 93 Prozent können über das Smartphone Nachrichten per Messenger/SMS empfangen oder senden, ebenso viele können Fotos machen und schicken. Videokonferenzen dagegen können mit 41 Prozent deutlich weniger einrichten. Hier stechen vor allem Menschen mit Bürotätigkeiten heraus. Etwas mehr als die Hälfte der Onliner kann die eigenen Finanzdaten im Smartphone hinterlegen und nutzen, um damit mobil zu bezahlen.

Dem Bereich "Gestalten und Erzeugen" digitaler Inhalte zufolge ist die Fähigkeit zum Posten in sozialen Medien vor allem unter Jüngeren verbreitet, der reflektierte Umgang jedoch weit weniger: Weniger als die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen kann urheberrechtlich geschützte Inhalte zu erkennen. Eine Programmiersprache beherrscht gerade einmal ein Fünftel. In diesem Fall sind es unabhängig vom Alter vor allem die höher Gebildeten.

Ein Bewusstsein über die Datenweitergabe von Apps und Diensten haben 83 Prozent. 68 Prozent können Antivirensoftware nutzen, unterschiedliche Passwörter 63 Prozent. Vor allem die weniger digital Affinen sähen sich hierzu indes oft nicht in der Lage. Um auch diese zu schützen, bedürfe es neben einem Kompetenzausbau auch Maßnahmen im Verbraucherschutz sowie von Unternehmensseite. So sollten Anbieter ihre Produkte gemäß Privacy by Design entwickeln und ein gewisses Maß an Datenschutz serienmäßig voreingestellt sein. Fast die Hälfte der Internetnutzer traut sich zu, eine Internetsucht zu erkennen und davor zu schützen.

Die der Auswertung zugrunde gelegten Daten stammen aus dem aktuellen Index mit einer Befragung von 2000 Bundesbürgern über 14 Jahren vom Juli 2020. Es handelt sich um Selbsteinschätzungen der Befragten anhand einer 5er-Skala. Die Kompetenzen sind angelehnt an das European Digital Competence Framework der EU-Kommission.

(mho)