Krypto-Mafia: Organisiertes Verbrechen setzt auf digitale Währungen

In Italien hat die Mafia in manchen Landesteilen überall die Finger im Spiel. Ihre Argumente: Geld und Gewalt. Die Mafiosi nutzen dabei digitales Geld.

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(Bild: mk1one/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Johannes Neudecker
  • dpa
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Digitalwährungen werden zunehmend auch für das traditionelle organisierte Verbrechen zu einem Thema. So nutzt die Mafia in Italien immer wieder Kryptowährungen für ihre illegalen Geschäfte. "Alle kriminellen Organisationen, auch solche vom Typ Mafia, haben ein Interesse daran, diese Instrumente für ihre Geschäfte zu nutzen", sagt ein Leiter der italienischen Anti-Mafia-Polizei Dia im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Dia ermittelt in Italien gegen das organisierte Verbrechen. Der Kommissar will zu seinem Schutz nicht namentlich genannt werden.

Die Mafia sei wegen der Entwicklungen rund um Bitcoin in die Finanzwelt eingetreten, erklärt der Dia-Kommissar in seinem mit Urkunden dekorierten Büro am Stadtrand Roms. Transaktionen mit Kryptowährungen seien schnell und böten Sicherheit sowie eine Art Anonymität – Vorteile, die natürlich auch für illegale Geschäfte nützlich sind. Es sei deshalb nicht einfach, diejenigen ausfindig zu machen, die hinter dem Handel stünden. Zahlen zu Umsätzen, Polizei-Einsätzen oder Schäden durch die illegalen Geschäfte, verrät die Polizei nicht – Ermittlungstaktik.

Mafia-Organisationen wie die kalabrische 'Ndrangheta nutzen Kryptowährungen zum Beispiel für den Handel mit lateinamerikanischen Kartellen, wie im jüngsten Bericht über das erste Halbjahr 2020 der Dia an das Parlament zu lesen ist. Die 'Ndrangheta ist vor allem im Kokain-Geschäft tätig und wickelt durch das digitale Geld den Zahlungsverkehr mit kolumbianischen Kartellen ab.

In dem Bericht heißt es außerdem: "Die Mafia scheint auch dem Cybercrime und den Möglichkeiten der Welt des Darknets, die schwer kontrollierbar sind, Aufmerksamkeit zu schenken, um gewaltige Ströme an wirtschaftlichen Ressourcen in den Kontext totaler Illegalität einzuspeisen". Im Klartext heißt das: Die Mafia bewegt enorme Geldsummen in den verborgenen Ecken des Internets. Dort wird vor allem mit digitalen Währungen bezahlt. Die Mafia kann so Geld waschen oder Rechnungen unbemerkt begleichen.

Trotz Anonymität und weltweiter Vernetzung gibt es dennoch Fahndungserfolge. Ende April dieses Jahres nahm die italienische Polizei landesweit mehr als zwei Dutzend mutmaßliche Mitglieder der nigerianischen Mafia Black Axe im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung und Drogenhandel fest. Sie sollen mit Bitcoin gefälschte Kreditkarten im Internet gekauft und damit wiederum andere Güter erstanden haben.

Im August 2019 klickten in der toskanischen Stadt Lucca bei vier Ukrainern die Handschellen. Sie gehörten den Fahndern zufolge zu einer Organisation, die über das Darknet in den Niederlanden und Deutschland alle Arten von Drogen von Kokain über LSD bis Marihuana gekauften und mit Bitcoin bezahlten.

Die Polizei verstärkte laut des Dia-Halbjahresberichts in den vergangenen Jahren ihre Einheiten, die im Internet ermitteln. An den Fahndungen beteiligt sind zum Beispiel auch die Finanzpolizei und die Carabinieri. Bei den Ermittlungen kommt es auch darauf an, alles juristisch genau zu konfiszieren, um die Unveränderbarkeit der Daten zu schützen, wie ein Carabinieri-General der Zeitung La Repubblica im Juni erklärte. Nur so sind sie später vor Gericht als Beweis verwendbar.

Auch in Deutschland sind Kryptowährungen längst Bestandteil der Welt des Verbrechens. "Die Nutzung von Kryptowährungen zur Online-Bezahlung im Rahmen von Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung ist deutlich angestiegen", erklärt die Generalzolldirektion in Bonn auf Nachfrage. Nach Erkenntnissen der Ermittler nutzen die Kriminellen in den meisten Fällen Bitcoins und die Währung Monero.

Die Generalzolldirektion stellt ebenfalls fest, dass Kryptowährungen im Rahmen von Straftaten dafür genutzt würden, Bestell- und Versandprozesse von inkriminierten Produkten oder Dienstleistungen vollständig zu anonymisieren. Dadurch können die Kriminellen ihre Identität oder Standorte verschleiern – denn der Zahlungsverkehr läuft von Nutzer zu Nutzer und nicht zum Beispiel über eine Bank ab, die im Zweifelsfall den Strafverfolgungsbehörden Auffälligkeiten melden könnte.

(mho)