Linux 5.14 mit "geheimem" Speicher und sicherem Hyperthreading

Die neue Kernel-Version streicht wie erwartet den alten IDE-Treiber. Neu sind unter anderem Core-Scheduling, geheime Speicherbereiche & sicheres Hyperthreading.

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(Bild: Wikimedia Commons / Public Domain)

Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Oliver Müller
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Nur wenige Tage nach dem 30. Jahrestag der allerersten Ankündigung von Linux hat Linus Torvalds die Kernel-Version 5.14 freigegeben. In der aktuellen Release-Meldung griff Torvalds diesen Zufall scherzhaft auf. Er verstehe, dass zum 30. Jahrestag sicherlich alle mit Galas und schicken Events beschäftigt seien, habe jedoch eine nette Abwechslung von Glitzer, Champagner und Co. parat: ein neues Kernel-Release zum Testen und Genießen.

Linux 5.14, das zwischen zwei symbolträchtige Jahrestage, nämlich die Linux-Ankündigung am 25. August 1991 und das allererste Kernel-Release am 17. September desselben Jahres fällt, ist im Vergleich zu einigen seiner Vorgänger der jüngeren Vergangenheit kein gigantisches Release. Auf den ersten Blick könnte es gar als bloßes "Standard-Update" mit neuen und verbesserten Treibern durchgehen. Allerdings verdienen einige weniger offensichtliche, aber durchaus signifikante Neuerungen etwas Aufmerksamkeit – darunter etwa die komplette Streichung des alten IDE-Treibersystems, sogenanntes "Core-Scheduling" als Abwehrmaßnahme gegen Spectre-Angriffsvarianten sowie geheime Speicherbereiche.

Der bisherige IDE-Treiber (Integrated Drive Electronics) galt bereits seit Linux 5.2 als veraltet (deprecated) und sollte mit einem der Kernel-Releases in 2021 aus Linux verschwinden. Linux 5.14 setzt dieses Vorhaben jetzt um: Der Treiber ist Geschichte.

Bereits die Ankündigung des Wegfalls hatte im Vorfeld für heiße Diskussionen gesorgt: Viele Nutzer sahen ihre alten, per Flachbandkabel angeschlossenen Festplatten und die darauf aufbauenden Systeme schon auf dem Wertstoffhof landen. Doch so schlimm kommt es nicht: Bei dem ausrangierten Treiber handelt es sich lediglich um den "Legacy-IDE-Treiber", der Datenträger via Parallel-ATA (PATA) beziehungsweise IDE anspricht und Laufwerke über Gerätenamen wie /dev/hda, /dev/hdb und Co. bereitstellt.

Was in den 1990ern und früher 2000ern fast ausschließlich genutzt wurde, spielt bei modernen Systemen keine Rolle mehr. Denn mit dem Aufkommen von Serial ATA (SATA) erhielt der Linux-Kernel einen neuen Treiber namens libata. Dieser stellt die neueren SATA-Geräte als /dev/sda, /dev/sdb etc. bereit. Zunächst gab es jeweils einen separaten Treiber für PATA (in Gestalt des Legacy-IDE-Treibers) und SATA (in Form von libata). Doch schon sehr bald legte libata nach, um auch PATA-Geräte ansteuern zu können.

Die meisten Linux-Distributionen setzen schon seit Jahren auf libata und die Mainstream-Distributionen sind allesamt umgestellt. Zuletzt waren es lediglich alte Systeme mit Motorola MC680x0, die noch auf den Legacy-Treiber angewiesen waren. Mit dem Ersetzen des q40ide-Treibers durch pata_falcon und falconide war die Atari-Fraktion mit dem Falcon und modifizierten Mega STE und TT030 bereit für den Umstieg. Nach dem Austausch von macide gegen libata für einige klassische 68k-Macs wie den Quadra 630 war dann auch die letzte Hürde genommen. Das Entfernen des alten Legacy-ID-Treibers erleichterte den Linux-Kernel um über 41.000 Zeilen Code.