Chipmangel: US-Regierung vermutet Chip-Hortung, verlangt Auskunft

Die US-Wirtschaftsministerin begehrt Information zu Ausmaß und Auswirkungen des weltweiten Chipmangels. Sie droht mit einem Kriegswirtschaftsgesetz.

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Leeres Supermarktregal

Weil Chips fehlen, sind sehr viele Produkte plötzlich Mangelware. Ausbleibende Produktion könnte die USA dieses Jahr ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung kosten.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Bessere Unterstützung beim Kampf gegen den weltweiten Chipmangel fordert die US-Regierung von Herstellern und Abnehmern. Informationen über Lieferketten, welche Chips genau fehlen, wo Nadelöhre bremsen oder wer große Lagerbestände angehäuft hat, seien entscheidend, um Abhilfe planen zu können. US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo macht Druck: Die Unternehmen seien bisher zu schweigsam, was sich ändern müsse.

Der US-Präsident könnte Unternehmen dazu zwingen, ihre Daten offenzulegen. Grundlage ist ein Gesetz aus dem Koreakrieg, das im Interesse der Nationalen Sicherheit die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen unterstützen soll. Dieses Gesetz namens Defense Production Act of 1950 verleiht dem Präsidenten entsprechende Befugnisse.

Beispielsweise hat im März 2020 der damalige US-Präsident Donald Trump dieses Kriegsgesetz genutzt. Er befahl Produzenten bestimmter medizinischer Ausrüstung, ihre Produkte der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen bevor andere Bestellungen erfüllt werden. Damit sollte der Kampf um das Leben von COVID-19-Patienten unterstützt werden. Zudem wurden jedermann ungebührliche Lagerhaltung einschlägiger Produkte sowie deren Verkauf über "fairen Marktpreisen" verboten.

Auch bei den Computerchips geht das Gerücht ungebührlicher Lagerhaltung um: Manche Unternehmen würden angesichts der Knappheit Chips horten, was wiederum zu Knappheit führe. Das ist nicht bloß ein einfacher Teufelskreis. Schon der Verdacht der Hortung führt dazu, dass die Hersteller den Marktdaten nicht mehr trauen. Sie wissen nicht, wie groß die Nachfrage nach welchen Halbleitern wirklich ist. Sie fürchten ein plötzliches Einbrechen der Nachfrage nach bestimmten Chips und investieren daher nur zaghaft in deren Produktion.

Durch Offenlegung von Orderbüchern, Lagerlisten, und Hinweisen auf Mängel könnte die Lage verbessert werden, glaubt die Ministerin. Sie hat zweimal 13 Fragen veröffentlicht, die sie von Herstellern, Abnehmern aber auch Verbrauchern beantworten haben möchte. Sollte der Rücklauf seitens wichtiger Unternehmen binnen 45 Tagen zu gering oder zu vorsichtig ausfallen, möchte sie das Kriegsgesetz aktivieren.

Das haben Raimondo und Brian Deese, Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates der USA, am Donnerstag bei einem Treffen mit Wirtschaftsbossen deutlich gemacht. Teilgenommen haben Manager unter anderem von Intel, GF (GlobalFoundries), TSMC, Ampere Computing, Micron, Apple, Microsoft, Samsung sowie Kfz-Herstellern der USA und Deutschlands. Die Geschäftsführer haben bei dem Treffen mehr Transparenz zugesichert.

Inzwischen verstärkt die US-Regierung den Einsatz ihres Außenministeriums und der US-Botschaften in Asien. Sie sollen frühzeitig Signale für mögliche Nachschubschwierigkeiten erkennen und melden, beispielsweise Pandemiewellen, Unwetter oder andere Umstände, die zu Produktionskürzungen oder Fabrikschließungen führen können.

In diesem Zusammenhang planen die USA, mit ausländischen Regierungen zusammenzuarbeiten und Gesundheitsmaßnahmen zu unterstützen sowie technisches Know-how bereitzustellen. Das soll die Wiedereröffnung wichtiger Fabriken beschleunigen, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie ganz oder teilweise geschlossen werden mussten. Selbstredend erwarten sich die Vereinigten Staaten von Amerika im Gegenzug bevorzugte Chip-Lieferung an US-Abnehmer.

(ds)