WhatsApp-Chef: Sammeln Metadaten nicht im großen Stil

Will Cathcart, Leiter von WhatsApp bei Facebook, hat eingeräumt, dass der Konzern Verbindungs- und Standortdaten verarbeitet, aber nur "begrenzt".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 46 Kommentare lesen

(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Vorwürfe, dass WhatsApp mehr oder weniger automatisch anfallende Informationen zu den über den Dienst verschickten, durchgängig verschlüsselten Chat-Nachrichten erhebt und auswertet, hat der Chef des US-Unternehmens, Will Cathcart, zurückgewiesen. Zusätzlich zu Nutzermeldungen über potenziell strafrechtlich relevante Inhalte "haben wir begrenzte Metadaten", erklärte der Manager am Dienstag auf der "Privacy"-Konferenz des IT-Verbands Bitkom. Diese würden aber nicht per Logging ausführlich protokolliert.

"Wir können nicht die Nachrichten lesen, die sich Nutzer untereinander schicken", verdeutlichte Cathcart mit Blick auf einen Bericht, wonach über 1000 Mitarbeiter auf verschiedenen Kontinenten die von Usern gemeldeten Inhalte durchleuchten. Die praktizierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei wichtig, um die Privatsphäre der Anwender zu schützen. Der Leiter der Entwicklungs- und Strategieteams für alle WhatsApp-Produkte beim Mutterkonzern Facebook räumte aber ein, dass das Unternehmen zusätzlich bei Meldungen die Namen von Gruppen, ihre Mitglieder, deren Profilnamen und Fotos sowie IP-Adressen auswerte.

Metadaten, die auch im Zentrum des jahrelangen Streits um die Vorratsdatenspeicherung und Zugriffsmöglichkeiten für Sicherheitsbehörden stehen, gelten als ähnlich sensibel wie Kommunikationsinhalte. Sie ermöglichen es Kritikern zufolge, die private Internetnutzung von Normalbürgern auf Monate hinaus zu durchleuchten und diese gläsern zu machen. Damit lasse sich nicht nur nachvollziehen, wer mit wem wann kommuniziert habe. Letztlich könnten über entsprechende Big-Data-Lysen selbst weitgehende psychologische Profile von Nutzern erstellt werden.

Die Nutzereingaben insbesondere über Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch analysiere man mit "fortgeschrittenen Techniken", führte Cathcart aus. Man arbeite auch mit Strafverfolgern zusammen auf Basis rechtsstaatlicher Verfahren, wobei "strikte Menschenrechtsstandards" beachtet werden müssten. So habe WhatsApp im Kampf gegen Kinderpornografie bereits rund 400.000 Berichte an das National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) weitergeleitet. Dies seien viel mehr Hinweise als von allen anderen durchgehend verschlüsselten Messenger-Diensten.

Stolz zeigte sich der Manager auf die jüngst eingeführte Option zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch von Nachrichtenarchiven und Backups. Im analogen Leben gingen Kommunikationspartner davon aus, dass keiner der Beteiligten ständig Aufnahmen erstelle. Bei einem Chat hätten alle Beteiligten bislang aber permanent eine Kopie auf dem eigenen Mobiltelefon gehabt. WhatsApp ermögliche es nun, dass solche Aufzeichnungen "nicht ewig leben", aber trotzdem im Bedarfsfall abrufbar seien. Um an die Backups zu kommen, seien ein 64-stelliger Schlüssel oder ein persönliches Passwort nötig.

Bei neuen Business-Lösungen gehe es nicht um Werbung und Spam, sondern um eine leichtere Erreichbarkeit durch Kunden, versicherte Cathcart. Der Kontakt solle etwa von den Nutzern ausgehen, "die nicht in einer Telefon-Hotline warten wollen". Derlei Funktionen könnten etwa auch genutzt werden, um bei Behörden oder Ärzten einen Impftermin auszumachen.

Eine kleine Revolution erwartet der Insider zudem von neuen Payment-Lösungen, die WhatsApp zunächst in Indien und Brasilien eingeführt hat. Sie sollten es "einfach, zuverlässig und gratis machen", Geld an Freunde zu schicken oder in einem Laden zu bezahlen. Dabei sei zu bedenken, dass "in vielen Ländern mehr Menschen ein WhatsApp- als ein Bankkonto haben".

Cathcart entschuldigte sich ferner für die Verwirrung rund um die neuen Nutzungsbedingungen. Diese hätten beim Datenschutz persönlicher Unterhaltungen nichts verändert. Vielmehr gehe es darum, wie künftig "Unternehmen Nachrichten in der Cloud speichern können". Der US-Amerikaner unterstrich: "Wir müssen klarer kommunizieren." Die Strafe in Höhe von 225 Millionen Euro, die die irische Datenschutzbehörde dem Unternehmen jüngst wegen Intransparenz beim Teilen von Daten mit Facebook aufbrummte, sei aber unverhältnismäßig, weswegen WhatsApp dagegen Berufung eingelegt habe.

(olb)