Von Medienparadigmen und Internetsperrungen

Mit einer "Konferenz zu Informationsfreiheit, Kontrolle von Inhalten und Zensur im Internet" hat der Chaos Computer Club seine Position im Zensurstreit mit der Bezirksregierung Düsseldorf bekräftigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 350 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Mit einer "Konferenz zu Informationsfreiheit, Kontrolle von Inhalten und Zensur im Internet" hat der Chaos Computer Club (CCC) am Montag in Düsseldorf seine Position im Zensurstreit mit der Bezirksregierung Düsseldorf bekräftigt. Dabei wurde die Rechtmäßigkeit der Sperrungsverfügungen bestritten.

"Unser Ansatz war, der populistischen Argumentationsweise von Herrn Büssow eine der Komplexität entsprechende Argumentation entgegenzustellen", erläuterte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn. Die Bezirksregierung veranstaltet am Dienstag in Düsseldorf einen eigenen Kongress zum Thema "Hass und Gewalt im Internet". Da der CCC dort seine eigene Position nicht ausreichend vertreten sah, setzten die Hacker kurzfristig eine eigene Veranstaltung an, an der zirka 50 Gäste teilnahmen.

Der Konflikt zwischen Bezirksregierung und Chaos Computer Club ist laut Müller-Maguhn ein Resultat unterschiedlicher Medienauffassungen: "Herr Büssow lebt in einer Fernsehwelt, in der Sender und Empfänger klar zu unterscheiden sind." Doch für das Internet gelte ein anderes Medienparadigma. Anstatt den Nutzern mit Filtern und Sperren die Augen zuzuhalten, sollte stattdessen die Medienkompetenz der Bevölkerung gesteigert werden.

Harald Summa, Geschäftsführer des eco-Forums, betonte, dass die Provider in Deutschland den Streit mit der Bezirksregierung notfalls bis zum Bundesgerichtshof durchfechten werde. Neben technischen Schwierigkeiten führte Summa wirtschaftliche und gesellschaftliche Zwänge an. Durch die Maßnahmen der Bezirksregierung hätten die rechtsradikalen Seiten sogar besonderen Zulauf erfahren. "Es wird nicht bei den beiden URLs bleiben. Wir gehen davon aus, dass mit einem Gerichtsurteil ein Präzendenzfall geschaffen wird."

Irini Vassilaki, Juradozentin an der Universität Göttingen kritisierte die Sperrungsverfügung der Bezirksregierung gegen zwei in den USA gehostete Nazi-Seiten als "internettechnisch naiv und juristisch unhaltbar". Der Bezirksregierung fehle die Ermächtigungsgrundlage für die Sperrungsverfügung, da die Webseiten nicht der Massenkommunikation, sondern der Individualkommunikation zuzuordnen seien. Deshalb sei nicht der Mediendienste-Staatsvertrag anzuwenden, sondern das Teledienste-Gesetz. Selbst bei korrekter Rechtsgrundlage seien die angeordneten Maßnahmen unzumutbar und ungeeignet.

Andreas Schachtner von der Intranet GmbH aus Bonn gab am Rande der Veranstaltung bekannt, dass das von der Bezirksregierung initiierte Projekt Filterpilot entgegen anderslautender Berichte noch nicht beendet sei. Zwar habe man die Präsentationstermine im April nicht einhalten können, die beteiligten Firmen würden jedoch weiterhin an der Realisierung einer Filter-Infrastruktur arbeiten. (Thorsten Kleinz) / (anw)