Telegram: 70 Millionen neue Nutzer wegen Ausfall der Facebook-Dienste

Der Facebook-Ausfall bescherte dem Messenger einen hohen Zulauf, verursachte aber auch Probleme.

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(Bild: Alexander Yakimov/Shutterstock.com)

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Der zunächst in Russland entstandene Messenger Telegram hat von dem Ausfall der Facebook-Dienste am Montag profitiert und 70 Millionen neue Nutzer hinzugewonnen, die sich innerhalb eines Tages registriert hätten. Den Rekord-Zuwachs teilte der Gründer von Telegram, Pawel Durow, am Dienstag über den Messenger mit.

Um große Worte zeigte sich Durow nicht verlegen: "Wir haben über 70 Millionen Nutzer von anderen Plattformen begrüßt", heißt es dort und verwies gleichzeitig auf die Unabhängigkeit des Telegram-Messengers. Zugleich teilte er gegen Facebook aus. Gerichtet an die neuen Telegram-Nutzer sagte er: "Wir lassen euch nicht im Stich, wenn andere das tun."

Das klappte allerdings dann doch nicht ganz so gut, wie Durow das vollmundig versprochen hatte. Noch am Montagabend kam es durch den hohen Ansturm auf den Messenger zu Ausfällen und Performance-Einbußen. Nutzer konnten sich beispielsweise nicht anmelden. Telegram räumte auf Twitter ein, dass der Ansturm ein bisschen zu viel sei. Das bestätigt auch ein Blick in die Störungsmeldungen zu Telegram für Montag bei dem Dienst allestoerungen.de. Im Zeitraum zwischen 18 Uhr und etwa 1:30 Uhr kam es einer vermehrten Anzahl von Hinweisen, dass Telegram nicht einwandfrei funktioniere.

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Betroffen waren jedoch auch weitere Messenger-Alternativen wie etwa Signal, die einen erhöhten Nutzeransturm zu bewältigen hatten. Auch für Signal nahmen die Störungsmeldungen im Ausfall-Zeitraum der Facebook-Dienste zu – wenngleich auch auf einem niedrigeren Niveau als bei Telegram.

Der Zeiträume für die Störungen bei Telegram und Signal decken sich mit dem Ausfall von Facebook & Co. Die ersten Störungsmeldungen für die Facebook-Dienste gingen um 17 Uhr ein und zogen sich dann etwa sechs Stunden hin. Als Grund hat Facebook einen Konfigurationsfehler angegeben, der zu fehlenden Routing-Informationen führte, sodass Facebook, Instagram und der Messenger WhatsApp für die Nutzer nicht erreichbar waren.

Der Telegram-Messenger wurde 2013 von Pawel Durow und seinem Bruder Nikolai Durow gegründet. Zuvor hatten sie mit Vkontakte einen russischen Dienst als Facebook-Alternative entwickelt. Laut Statista verzeichnete Telegram im Januar 2021 rund 500 Millionen Nutzer. Das Unternehmen hat nach Angaben von telegram.org mehrere Standortwechsel vorgenommen und "musste Russland aufgrund lokaler IT-Vorschriften verlassen". Nach Stationen in Berlin, London und Singapur ist das Unternehmen nun in Dubai beheimatet. "Derzeit sind wir mit Dubai zufrieden, aber jederzeit bereit, wieder umzuziehen, wenn sich die dortigen Vorschriften ändern sollten", heißt es auf der Website.

Der Messenger geriet in den letzten Jahren jedoch immer wieder in Kritik, weil er sich als Sammelbecken für Personen entpuppte, die illegale Inhalte darüber austauschen. Neben rechtsextremistischen Inhalten und Kinderpornografie würde zudem Drogen-, Waffen- und Dokumentenhandel über Telegram betrieben, wie eine Untersuchung der Universität Greifswald feststellte. Im Vergleich zu Facebook und WhatsApp entzieht sich Telegram weitgehend einer Kontrolle der Inhalte und staatlichen Regulierungen, die sicherstellen sollen, dass zusätzlich keine Falschnachrichten verbreitet werden und kein Raum für Hassrede und Unterdrückung gegeben ist.

[Update v. 07.10.2021, 08:34 Uhr]: Nach Angaben der Pressestelle von Telegram sollen die Störungen gering ausgefallen sein. Die Mehrheit der Nutzer hätte keine Probleme gehabt.

Hinweis ergänzt, dass Telegram derzeit in Dubai ansässig ist.

(olb)