"Far Cry 6" angespielt: Hasta la Vista, Baby!​

”Far Cry 6” ist der jüngste Streich von Ubisofts erfolgreicher Actionserie, die wieder einmal ein politisch brisantes Thema für lockeren Action-Klamauk benutzt.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

”Far Cry 6” schlägt brachial eine Schneise in die Phalanx videospielender Feingeister, die im Medium mehr sehen wollen als Spiel, Spaß und dicke Knarren. Ubisoft reiht in atemberaubendem Tempo eine irrwitzige Actionszene an die nächste und überschreitet oft die Grenzen des guten Geschmacks. Angesichts des politisch brisanten Themas und der gezeigten Brutalität können Spieler und Spielerinnen entweder ein Auge zudrücken oder verständnislos den Kopf schütteln.

Dani Rojas steckt ganz schön in der Tinte. Die Ex-Soldatin wollte eigentlich zusammen mit Freundin Lita aus ihrer Heimat Yara fliehen, doch Diktator Castillo, gespielt von ”Breaking Bad”-Star Giancarlo Esposito, macht ihren Fluchtplänen einen Strich durch die Rechnung. Jetzt liegt sie am Strand, hält die tote Lita in den Armen und wird von den örtlichen Revolutionären mit offenen Armen aufgenommen. Dank ihrer Ausbildung gilt Dani schnell als Vorzeige-Guerillera. Sie soll auf der ganzen Insel Unterstützer suchen und die feindlichen Streitkräfte schwächen, um den Diktator zu stürzen.

"Far Cry 6" angespielt (5 Bilder)

Alles schon mal gesehen – in ”Far Cry 6” bleibt fast alles beim Alten. (Bild: heise online)

Fans der Reihe kennen den Plot und auch am Spiel hat sich nicht viel geändert. ”Far Cry” ist auch im sechsten Anlauf ein Open-World-Actionabenteuer, das spektakuläre Actionszenen mit Schleichsequenzen mixt. Dani, die wahlweise auch als männliche Figur gespielt werden kann, rennt, fährt und fliegt über die Insel, nimmt Stützpunkte ein und liefert sich wilde Verfolgungsjagden mit den Schergen des Diktators. Eine wichtige Rolle spielt eine geheimnisvolle Pflanze, mit der Castillo seinen kleinen Inselstaat zu Ruhm und Reichtum verhelfen will – koste es, was es wolle. Einerseits steckt in der Pflanze ein Allheilmittel gegen Krebs, andererseits kann es auch als tödliches Gift verwendet werden.

Dani nimmt es mit einem stattlichen Arsenal an großen und kleinen Waffen mit den Bösen auf. Sie kann sich ihrer Ausrüstung zusammenstellen und an der Werkbank Upgrades für ihre Waffen basteln. Besondere Fähigkeiten kann sie dagegen nicht erlernen. Stattdessen bekommt sie im Laufe des Spiels einen Rucksack namens ”Supremo”, der entweder Raketen oder Gift verschießt und mit Mods verbessert werden kann. Diese bringen dann Boni bei Schaden und Verteidigung oder erlauben mehr Munition. Bei ihren Meucheltouren macht Dani kaum Kompromisse: Genüßlich zeigt das Spiel die brutalen Kills, wenn die Machete durch die Köpfe fährt und das Blut durch die Gegend spritzt. Nach dem Tutorial steht auch ein Koop-Modus zur Verfügung, in dem Spieler und Spielerinnen gemeinsam die Insel erkunden können.

Das alles funktioniert in den Grenzen der Reihe wunderbar. Schnell versprüht das Spiel den üblichen Ubisoft-Charme, den man lieben oder hassen kann: Überall und ständig poppen neue Fleißaufgaben auf: Dani vernichtet Flugabwehrkanonen, macht Jagd auf Killer und nimmt eine Basis nach der anderen ein. Das Insel-Szenario wirkt allerdings inzwischen verbraucht: Irgendwie haben wir das alles in anderen ”Far Crys” oder ”Ghost Recons” schon gesehen und in Schutt und Asche gelegt.

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Was im Vergleich zum Vorgänger auffällt: ”Far Cry 6” findet nie eine gelungene Mischung aus düsterem Revolutionsdrama und bunter Actionsatire. Wo im fünften Teil schräge Figuren einen Sektenführer unter der Sonne Montanas abgöttisch anhimmelten, geht es auf dem Inselstaat Yara auf ungleich ernstere Weise um ein faschistisches Regime, Massenmord und Unterdrückung. Da wird einerseits die Bevölkerung rücksichtslos ausgebeutet, aber andererseits stapft unsere Heldin mit einem Alligator als Schoßtier durch die Lande und heilt Lebenspunkte durch Zigarettenrauchen.

Bei einer Actionsause wie ”Just Cause” mag das noch durchgehen, in dem realitätsnahen Revolutionsdrama von ”Far Cry 6” wirkt es nur albern. Die Macher bedienen sich an aktuellen oder vergangenen Gräueltaten faschistischer Diktatoren und nach eigenen Aussagen an Revolutionen wie in Kuba. Das hätten sie mit der nötigen Sensibilität oder als bitterböse Satire erzählen können, nicht aber in diesem unausgegorenen Mix aus Klamauk und brutaler Gewalt. So werden hier alle ernstzunehmenden Ansätze per Knopfdruck mit dem Wunderrucksack ”Supremo” in die Luft gejagt.

Nein, wir haben keine tiefgründige Reflexion über die Folgen einer Diktatur und einer Rebellion erwartet. Wir wissen auch nicht, ob die Geschichte in der zweiten Hälfte den Themen zumindest ansatzweise gerecht wird. Was wir aber nach unseren Anspielstunden mit Sicherheit sagen können: ”Far Cry 6” ist ein Rückschritt im Vergleich zum Vorgänger. Wo dieser zumindest mit schrägen Figuren, einem satirischen Unterton und einem unverbrauchten Szenario das altbekannte Ubisoft-Konzept verpackt hat, setzt der neueste Teil auf Altbewährtes.

Wer ”Far Cry” genießen will, muss sich im sechsten Teil damit abfinden, dass brisante Themen und exzessive Gewaltdarstellung einfach nur Vorwände sind, um einen wilden Actionspielplatz zu inszenieren. Das ist auch diesmal temporeich und spektakulär gelungen. Angesichts der enormen Produktionsmöglichkeiten und des politisch brisanten Themas müssen Spieler und Spielerinnen, die etwas mehr als nur Ballern und Meucheln wollen, aber mit Enttäuschung rechnen. Da wäre mehr drin gewesen.

”Far Cry 6” für Windows, PS4/5 und Xbox One/ Series erschienen. Es kostet ca. 70 €. USK ab 18. Für unser Angespielt haben wir die PS5-Version gespielt.

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(dahe)