Ohne Vorabkarte: Drohnen rasen durch den Wald

Rasante Verfolgungsjagden gehören zu den Highlights von Actionfilmen. Ein Forschungsteam konnte solche Bilder nun mit einer besonderen Drohne aufnehmen.

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(Bild: UZH)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Spektakuläre Flugmanöver von Quadrokoptern waren in den vergangenen Jahren immer wieder zu sehen, wurden aber häufig mithilfe externer Sensoren und Datenverarbeitung realisiert: Motion-Capture-Systeme erfassten die exakte Position der Drohne, leistungsfähige Computer errechneten die Flugbahn und übermittelten die erforderlichen Motorbefehle über Funk. Was die von Davide Scaramuzza geleitete Forschungsgruppe jetzt in der Zeitschrift Science Robotics präsentiert, ist dagegen eine Drohne, die ihren Flug komplett mit Bordmitteln kontrolliert – und dabei selbst in dicht bewachsenem Wald Geschwindigkeiten bis zu 5 m/s (18 km/h) erreicht, ohne mit einem Hindernis zu kollidieren.

Bei 7 m/s kam es bei zwei von insgesamt zehn Flügen zu Kollisionen, als die Drohne enge Kurven flog und die im Weg stehenden Baumstämme dadurch erst spät wahrnahm. Selbst bei 10 m/s verliefen noch 60 Prozent aller Flüge störungsfrei.

Ihre Wendigkeit verdankt die Drohne einem Training in simulierten Umgebungen, bei dem sie das Flugverhalten lernte, das sie dann auch in realen Umgebungen umsetzen konnte. Um die Reaktionszeit zu verkürzen, verzichteten die Forscher zudem auf das gängige Verfahren, zunächst eine Umgebungskarte zu erstellen und darin eine optimale Flugbahn zu ermitteln. Stattdessen werden die Sensordaten unmittelbar in kollisionsfreie Manöver umgesetzt. Die dafür erforderliche Rechenzeit beträgt 41,6 Millisekunden, was einer Update-Rate von etwa 24 Hz entspricht. Bei der Höchstgeschwindigkeit von 10 m/s legt die Drohne demnach zwischen zwei Aktualisierungen der Sensordaten knapp 42 Zentimeter zurück.

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Neben Wäldern haben Scaramuzza und sein Team das Verfahren auch in Gebäuden, Ruinen, bei Unfallszenarien sowie in verschneiten Landschaften mit wenig Orientierungspunkten getestet. Beim Training in der Simulation ging es nicht darum, sich auf eine spezifische Umgebung einzustellen, sondern zu lernen, wie sich aus den erhobenen Daten die beste Flugbahn ermitteln lässt. "Interessanterweise müssen diese Simulatoren keine exakte Nachbildung der realen Welt sein. Mit dem richtigen Ansatz reichen sogar einfache Simulationen aus", sagt Elia Kauffmann, Ko-Autor der Studie, in einer Mitteilung der Universität Zürich.

Die Berücksichtigung von Unsicherheiten bei der Datenaufnahme durch die Sensoren in der Simulation sorgt zudem für eine rasche Übertragbarkeit des Gelernten in die Realität. "Während Menschen Jahre für das Training benötigen, kann künstliche Intelligenz mit Hilfe von Hochleistungssimulatoren viel schneller, quasi über Nacht, vergleichbare Navigationsfähigkeiten erreichen", unterstreicht Antonio Loquercio, ein weiterer Ko-Autor. Mit Geschwindigkeiten von knapp 40 km/h sei das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Die Forscher wollen ihr Verfahren noch weiter verbessern, unter anderem durch eine realistischere Simulation der Drohne selbst, insbesondere von deren aerodynamischen Eigenschaften, Motorlatenzen und den Effekten nachlassender Akkuleistung.

(mho)