Zahlungssysteme: Maestro-Karten in Europa vor dem Aus

Mastercard schickt sein Debitsystem 2023 in Rente. Für deutsche Girocards bleibt noch die Konkurrenz von Visa, doch könnte auch bei V-Pay das Licht ausgehen.​

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Ein ungeordneter Stapel mit Kreditkarten und Girokarten von verschiedenen Zahlungsdienstleistern wie Mastercard oder Visa.

(Bild: Tatiana_Kuzmina/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Das US-Unternehmen Mastercard wird seinen Debitkartendienst Maestro in Europa einstellen. Ab 1. Juli 2023 können Banken und Sparkassen keine Maestro-Karten mehr ausgeben, teilte Mastercard am Dienstag mit. Noch gültige Karten werden bis zum Ablaufdatum aber weiter unterstützt. Sollte auch Visa seinen vergleichbaren Dienst einstellen, steht die europäische Finanzbranche vor einem Umbruch.

Maestro ist ein internationales Zahlungsnetzwerk, das den Kunden der deutschen Banken und Sparkassen ermöglicht, ihre Girocard (früher "EC-Karte") auch im Ausland als Zahlungsmittel und an Geldautomaten einzusetzen. Es ist ein Debitkartensystem, bei dem die Verfügungssummen direkt von dem verbundenen Konto abgebucht werden. Mastercard-Konkurrent Visa betreibt mit V-Pay ein vergleichbares System. Auf den rund 100 Millionen deutschen Girokarten findet sich in der Regel das Logo des einen oder des anderen Anbieters.

Mastercard will das 1991 eingeführte Maestro nun zugunsten eines moderneren Systems abschalten. "Ursprünglich für eine physische Welt geschaffen", könnten Maestro-Karten nicht durchgängig für Zahlungen im Onlinehandel genutzt werden, erklärt das Unternehmen. Auch ein Grund dürfte sein, dass die Verbreitung der Maestro-Karte in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Zwar sind weltweit immer noch 400 Millionen Karten im Umlauf, doch waren es vor fünf Jahren noch über 650 Millionen.

Es dürfte Mastercard aber auch um die Stärkung der eigenen Mastercard Debit gehen, die das Unternehmen als Ersatz empfiehlt. Die Debitkarte lässt sich auch mit einer Girocard vereinen (in der Branche nennt man das neudeutsch "Co-Badging"), sodass sich für den Kontoinhaber nicht wirklich etwas ändert. Sie bekommen von ihrem Institut eine neue Girocard. Einige Sparkassen testen das bereits. Neuerdings gehen Banken auch dazu über, gleich eine Debitkarte von Mastercard oder Visa auszugeben und auf die Girokarte zu verzichten.

Auch Visa könnte sein Debitsystem V-Pay einstellen, berichtet der Fachdienst Finanz-Szene unter Berufung auf Branchenkenner. Visa betont zwar gegenüber dem Handelsblatt, V-Pay weiterhin "voll unterstützen" zu wollen, geht aber auf mögliche Überlegungen zur Einstellung nicht ein. Dabei liegen die nahe: V-Pay funktioniert nur in Europa. Und sollte Mastercard mit der Einstellung von Maestro erfolgreich seine Debitkarte stärken, dürfte das auch Visa interessieren.

Für die deutsche Kreditwirtschaft bedeutet das einen Umbruch. Die Girocard bleibt ein deutscher Sonderweg, für internationale Akzeptanz muss sie sich mit den US-Riesen arrangieren. Die Abhängigkeit von Visa, Mastercard und neuen Playern wie Apple und Google ist ein Problem, findet auch die EU – das Mantra der "technologischen Souveränität" ist auch für den Finanzsektor maßgeblich.

Deshalb ruhen die Hoffnungen auch auf der European Payments Initiative (EPI), die im vergangenen Jahr von Finanzinstituten aus sechs Ländern gegründet wurde mit dem Ziel, einen neuen europäischen Zahlungsstandard zu schaffen. EPI ist noch in der Gründungsphase, wird als Alternative also nicht kurzfristig zur Verfügung stehen.

(vbr)