AOL überdenkt eigene Breitband-Strategie

Nach seiner Rückkehr an die Spitze des Medienkonzerns AOL Time Warner scheint Manager Robert Pittman wichtige Eckpfeiler der bisherigen Unternehmensstrategie in Frage zu stellen. In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte er, dass AOL-Nutzer der Schmalband-Flatrate für 23,90 US-Dollar überzeugt werden sollten, ihr Abo erst einmal nicht zu kündigen, auch wenn sie bereits bei einem Konkurrenten für eine Breitband-Flatrate -- die AOL in weiten Teilen des Landes nicht bieten kann -- zu 40 bis 50 Dollar unterschrieben hätten. "Viele dieser Firmen brechen nämlich zusammen, wenn sie einen Kundenschub bekommen", so Pittman. Viele AOL-Nutzer würden ihre Verträge deshalb bereits heute erst einmal weiterlaufen lassen, bis das Breitband-Angebot eines Konkurrenten tatsächlich installiert sei und funktioniere. Diese Vorgehensweise will Pittman künftig durch Werbung auch anderen AOL-Kunden nahelegen.

Branchenexperten leiten aus dieser Äußerung eine Abkehr von der Strategie zum Aufbau eines US-weiten Breitband-Angebots ab, wie AOL es bislang aggressiv beworben hat. Der Reklame-Power folgte wenig Konkretes. Bislang ist AOL nur präsent im Netz von Time Warner Cable. Gescheitert ist der Konzern mit seinem Versuch, andere Kabelbetreiber zur Kooperation mit America Online zu bewegen. Der wichtige Anbieter AT&T beispielsweise hat sich lieber mit EarthLink zusammengetan.

Finanzanalysten und Fonds-Manager fordern jetzt sogar eine Trennung von AOL und Time Warner. Das Wall Street Journal zitiert den Fonds-Manager Doug Kass: "Nun wird jeder Investor eingesehen haben, dass Time Warner bei der Fusion mit AOL 2001 einen groben Fehler begangen hat. Eine Trennung durch ein Spin-Off des Online-Bereiches würde beiden Unternehmen helfen."

Der Aktienkurs von AOL Time Warner hatte sich in der letzten Zeit alles andere als positiv entwickelt. (tol)