Gegen Social-Media-Prüderie: Wiener Museen werben auf OnlyFans mit nackter Kunst

Die Museen in Wien haben sich eine besondere Werbeaktion einfallen lassen: Kunstwerke mit Nacktheit, die Facebook & Co gelöscht hätten, zeigen sie bei OnlyFans.

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Teaser-Video zur Wiener Museumsaktion bei OnlyFans

(Bild: Vienna / youtube.com (Screenshot aus Video))

Lesezeit: 3 Min.
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Wiens wichtigste Museen mischen sich unter die erotischen Inhalte der Social-Media-Plattform OnlyFans. Mit Akten von Meistern wie Dürer, Rubens oder Klimt sollen nicht nur Besucher im Netz angelockt werden, sondern auch die Zensurregeln anderer Anbieter wie Facebook umgangen werden, erklärte der Chef von Wien Tourismus, Norbert Kettner. "Wir haben uns überlegt, wie wir das System mit seinen eigenen Waffen schlagen können", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

In der Vergangenheit wurde zum Beispiel ein Bild der 30.000 Jahre alten "Venus von Willendorf" von Facebook gelöscht, weil ein Algorithmus der Plattform die nackte Steinstatuette aus Österreich als pornografisch wertete. Das Wiener Leopold Museum und die Albertina hatten ähnliche Probleme mit der Darstellung von freizügigen Kunstwerken auf herkömmlichen sozialen Netzwerken.

Die Plattform OnlyFans ist hingegen vor allem für erotische Inhalte bekannt, die von Benutzern online gestellt und von deren "Fans" gegen Bezahlung gesehen werden können. "Uns ist bewusst, dass es ein schmaler Pfad ist", sagte Kettner über die Aktion, die von seinem Tourismusverband koordiniert wird. International hat sie einige Aufmerksamkeit erregt – unter anderem in der "Late Show" des US-Satirikers Stephen Colbert.

Im "Vienna"-Kanal auf OnlyFans bekommt man aber nicht nur nackte Frauen und Männer aus der Kunst zu sehen, sondern auch entwaffnende Erklärungen: Zu den Frauenakten von Egon Schiele heißt es, dass sie die Betrachter direkt ansehen und so "die Menschen vor den Bildern demaskieren". Und in einem "Teaser"-Video auf YouTube sind einige der gezeigten Kunstwerke im Bild, jedenfalls teilweise – und dazu eine Ankündigung, mehr davon bei OnlyFans zu sehen zu bekommen.

Die Aktion bei OnlyFans läuft noch im Oktober, danach wird der Kanal nicht weiter mit Inhalten versehen, bleibt jedoch verfügbar.

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Die automatisierte Prüderie durch die Algorithmen der bekannten Social-Media-Plattformen hat zwar OnlyFans gerade wegen der freizügigen Inhalte großes Wachstum und enorme Beliebtheit beschert (und den Content-Erstellern eine Einnahmequelle erschlossen), jedoch geriet diese Freizügigkeit erst kürzlich aus ganz anderer Richtung unter Druck: Die Bankpartner und angeschlossene Zahlungsdienstleister von OnlyFans störten sich an der kommerziellen, pornografischen Ausrichtung vieler Inhalte und setzten eine Änderung der Nutzungsbedingungen durch.

Damit wären "sexuell eindeutige Inhalte" ("sexually explicit content") verboten gewesen, und das hätte vermutlich pornografische Vorführungen vor allem von Sexarbeiterinnen unterbunden – andererseits wären wohl Nacktfotos und -videos allgemein weiterhin erlaubt gewesen. Nachdem der geplante Schritt heftig kritisiert wurde, stoppten die Plattformbetreiber zunächst die Umsetzung der neuen Richtlinien, die eigentlich zum Oktober in Kraft treten sollten.

(tiw)