c't 3003: Wie man Android-Apps und Linux-Software unter Windows 11 startet

Die Android-Unterstützung für Windows 11 ist noch nicht offiziell erschienen, lässt sich aber leicht nachinstallieren. Außerdem laufen Linux-Programme.

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Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Als wären es Windows-Programme: Unter Windows 11 kann man Android-Apps laufen lassen, ohne einen extra Emulator zu nutzen. Offiziell gibt es die Android-Unterstützung jedoch zurzeit nur für US-amerikanische Nutzer der Windows-11-Beta-Version. Das so genannte Windows Subsystem for Android kann man aber problemlos auch beim regulären Windows 11 nachinstallieren. c't 3003 zeigt, wie das geht – und obendrein, wie man grafische Linux-Software startet.


Transkript des Videos:

In diesem Video zeige ich euch, wie ihr mit einem ganz normalen Windows 11 eure Lieblings-Android-Apps und grafische Linux-Programme laufen lasst. Also so, als wären es Windows-Programme, ohne vorher irgendeinen Emulator zu starten oder so.

Und wenn ihr jetzt denkt, hä, die Android-Funktionen sind doch noch gar nicht drin in Windows 11: Ja, das stimmt, aber man kann es superleicht jetzt schon installieren auf einem ganz normalen Windows-11-System; ohne irgendwelches Beta-Geschraube. Und es funktioniert wirklich super geschmeidig. Bleibt dran. Achso, und ich versuche auch noch zu klären, warum man das überhaupt haben will.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen bei c't 3003.

Microsoft rührt ja schon länger die Werbetrommel für Android-App-Unterstützung in Windows 11. Die Funktion hat es allerdings zum Start von Win 11 nicht mehr geschafft, offiziell für alle wird sie wohl erst im nächsten Jahr integriert. Im Windows Store kann man sich die Android-Unterstützung schon herunterladen – aber nur, wenn man eine Windows-Beta-Version verwendet und Sprache und Region auf USA eingestellt hat. Um direkt aus dem Store Android-Apps zu installieren, braucht man außerdem einen US-amerikanischen Amazon-Account. Ich habe das mal für euch ausprobiert, so sieht das dann aus. Ein bisschen seltsam: Will man eine Android-App installieren, öffnet sich erstmal die Amazon-Store-App. Dort kann man das dann installieren. Anschließend ist die App dann ganz normal übers Windows-Startmenü zu finden. Allerdings ist die Auswahl im Amazon-App-Store noch arg begrenzt: 21 Apps habe ich gezählt, und die Auswahl ist, hmm, also zumindest ich habe jetzt nicht auf My Talking Tom 2 und World of Peppa Pig unter Windows gewartet.

So, aber wir sind ja eh keine Appstore-Opfer, wir können ja eine Kommandozeile bedienen. SIDELOADING ist das Stichwort. Und das geht total problemlos. Aber lasst uns dafür mal auf meine ganz normale Nicht-Beta-Windows-Version wechseln. Pfff, ich habe echt inzwischen vier Windowse auf meinem Rechner: Windows 11 Developer Preview, Windows 11 Beta, Windows 11 Final und WIndowx 10. Ok, also rein in die Windows 11-Final. Da geht das alles nämlich alles auch.

Habt ihr also ein System, auf dem Windows 11 läuft, müsst ihr lediglich im BIOS die Virtualisierungsfunktionen aktivieren. Bei meinem Rechner mit MSI-Board findet sich das kurioserweise unter „Overclocking“. Auf AMD-Rechnern heißt das SVM (Secure Virtual Machine) und auf Intel-Rechnern VT-X (Virtualization Technology). Schaut anschließend mal unter „Windows Features aktivieren oder deaktivieren“ nach, ob „Plattform für virtuelle Computer“ angehakt ist. Ist das nicht der Fall, funktioniert das Android-Subsystem unter Windows nämlich nicht.

Ja, jetzt hab ich schon Android-Subsystem gesagt – und genau das müsst ihr dann noch installieren. Auf dem Beta-Windows konnte man das einfach im Microsoft Store finden, beim regulären Windows 11 noch nicht. Ich habe mir aber mal die ID aus dem Microsoft-Store-Eintrag rausgeschrieben. Und praktischerweise gibt es eine Website, die aus der Microsoft-Store-ID die Download-URLs der entsprechenden Software extrahiert. Tippt man die ID auf der Website ein, kann man den sogenannten Ring wählen – das sind die unterschiedlichen Versionsstufen von Microsoft-Software. Retail ist die finale Version, RP ist Release Preview –wir wollen den Windows Insider Slow Ring, also wählen wir Slow aus. Ganz unten findet sich dann eine 1,2 GByte große Datei namens Microsoft Corporation Windows Subsystem for Android. Die laden wir herunter. Falls ihr der Website nicht traut: Ihr könnt einfach die URL in die Zwischenablage kopieren und euch die anschauen: Japp, das ist eindeutig der Store-Content-Server auf Microsoft.com. Die Datei, die sich hinter der URL verbirgt ladet ihr dann herunter.

Dann tippt ihr "powershell" ins Startmenü ein und startet mit Rechtsklick „Als Administrator ausführen“ die Powershell. Sieht schick aus bei mir, ne? Finde ich auch.

Jetzt sucht ihr erstmal die 1,2 GByte große Android-Subsystem-Installationsdatei, die ihr heruntergeladen habt. Mit Rechts draufklicken und „Als Pfad kopieren“ auswählen. Dann nur noch in der Powershell eintippen „Add-AppPackage -Path“ und dann mit Steuerung-V den Pfad aus der Zwischenablage kopieren. Das müsste ungefähr so aussehen. Hallo Android-Subsystem!

Ob das installiert ist, seht ihr, wenn ihr „android“ in Startmenü eingebt. Da müsste dann das hier aufpoppen. Wenn ihr das startet, kommt ihr in dieses Einstellungsmenü. Nun müssen wir nur noch einen Appstore installieren, damit man komfortabel Apps installieren kann. Dafür braucht ihr zuerst mal die SDK Platform Tools von Google. Die findet man hier - nach unten zeigen. Die ZIP-Datei entpackt ihr irgendwo in einen Ordner. Dann braucht ihr noch die Installationsdatei eines Android-Appstores. Ich habe den Aurora-Store verwendet, weil der Meinung nach am hübschesten ist und viele Apps drin hat. Das Ding findet ihr als APK-Datei auf auroraoss.com unter Downloads. Einfach runterladen, nicht von der komischen 0.0.0-Version irritieren lassen und die APK-Datei in den gleichen Ordner werfen, in den ihr gerade die Android-Platform-Tools kopiert habt. Jetzt startet ihr nochmal das Android-Subsystem-Menü. Ihr braucht die IP-Adresse eures virtuellen Android-Geräts, die wird aber noch nicht angezeigt, weil das Teil noch nicht läuft. Das ändert ihr, wenn ihr ganz oben auf dieses Icon rechts bei „Dateien“ klickt. Dann startet das Android-System. Wenn ihr jetzt da unten bei IP-Adresse auf „Aktualisieren“ klickt, dann kriegt ihr die IP des Android-Systems. Außerdem müsst ihr jetzt einmal kurz direkt da oben drüber den Entwicklermodus aktivieren.

Sooo. Jetzt geht ihr in den Ordner, in dem die Platform-Tools und das Aurora-Store-APK liegen. So, und jetzt ein letztes Mal Kommandozeile. Rechtsklick auf „Öffnen in Windows Terminal“ und oben diesmal nicht die Powershell, sondern die normale Eingabeaufforderung auswählen. Falls ihr noch nicht automatisch im richtigen Ordner seid, navigiert dort mit „cd“ hin, also in meinem Fall cd „Desktop\platform tools“. Sooo. Und jetzt tippt ihr „adb connect“ und fügt die IP-Adresse aus dem Android-Subsystem-Menü ein. Praktischerweise kopiert euch ein Klick auf „kopieren“ die Adresse in die Zwischenablage, ihr müsst dann in der Kommandozeile hinter „adb connect“ nur noch Steuerung-V drücken. Sobald ihr verbunden seid, könnt ihr mit „adb install AuroraStore_4.0.7.apk“ den Aurora-Store installieren. Pro-Tipp: Wenn ihr au eingebt und dann TAB drückt, vervollständigt Windows den Dateinamen.

Und das wars schon. Jetzt habt ihr einen grafischen Appstore, mit dem ihr viel mehr Android-Apps installieren könnt als mit dem ollen Amazon Store. Zum Starten tippt ihr einfach Aurora im Windows-Startmenü ein. Tatsächlich werden alle Android-Apps einfach in Windows integriert, man sieht also von außen gar nicht mehr, was jetzt ein „echtes“ Windows-Programm ist und was eine Android-App. Das sollte Microsoft allerdings dringend ändern, das kann nämlich zu großer Verwirrung führen. In unserem Windows-11-Test-Video hatte ich ja schon kritisiert, dass man die sogenannten UWP-Apps aus dem Microsoft-Store nicht von den normalen unterscheiden kann, zum Beispiel beim VLC Player. Und das ist jetzt noch schlimmer geworden. Hier bei mir im Windows-Startmenü sind vier VLCs drin: Eine normale Windows-Version, eine UWP-Version aus dem Microsoft-Store, eine Android-Version und eine Linux-Version. Linux? Ja, das geht auch mit Windows 11, dazu komme ich später noch. Jedenfalls steht nur hinter der Linux-Version in Klammern „Ubuntu 20.04“, die anderen drei heißen gleich. Verwirrend.

Aber genug gemeckert, denn ich bin ehrlich gesagt ziemlich beeindruckt von den Android-Funktionen in Windows. Vor allem von der Geschwindigkeit. Ich habe testweise mal den Geekbench-5-Benchmark auf Android und nativ laufen lassen. Das Resultat: Die Android-Version erzielte nur etwa 20% weniger Multicore-Punkte als die native. Die Emulation schluckt also erstaunlich wenig Leistung. Hier mal zum Vergleich die Ergebnisse des offiziellen Android-Emulators aus dem Google SDK sowie vom BlueStacks-Emulator. Beide schlechter.

Auch viele Android-Spiele, die ich ausprobiert habe, liefen superflüssig. Zum Beispiel Subway Surfers, ok, das ist alt, aber auch Roblox. CSR2 war spielbar, aber schon manchmal ein wenig ruckelig. Einige Spiele liefen aber auch gar nicht, zum Beispiel Clash of Clans oder Brawl Stars – was womöglich damit zu tun hat, dass keine Play Services laufen. Viele Apps meckern das an, aber man kann das oft einfach wegklicken und die funktionieren dann trotzdem.

Bei mir dauert der erstmalige Start des Android-Subsystems ungefähr 12 Sekunden. Sobald aber eine App läuft, starten andere Android-Apps ohne Verzögerung. Ansonsten kann man das Android-Subsystem auch so einstellen, dass es mit Windows startet.

Was auf jeden Fall sehr faszinierend ist: Windows reicht die angeschlossenen Geräte völlig problemlos an das Android-System weiter. So war meine Webcam dann halt einfach die Android-Kamera und ließ sich zum Beispiel in Microsoft Teams nutzen. Es funktionieren auch Apps wie dieses kamerabasierte Übersetzungstool hier. Sehr lustig war, als ich ausprobieren wollte, wie sich Bluetooth-Geräte verhalten. Bei einem echten Android-Gerät würde ich in die Einstellungen gehen und unter Bluetooth gucken. Das geht aber nicht, weil man ja keinen Android-App-Ordner und auch kein Schnell-Einstellungs-Menü hat. Es gibt aber eine Android-App, die heißt einfach „Bluetooth Settings Shortcut“ und die öffnet schnell das Bluetooth-Einstellungsmenü. Die habe ich installiert und zack: Öffneten sich die Bluetooth-Einstellungen, aber nicht die von Android, sondern die von WINDOWS! Und tatsächlich funktioniert das auch so: Ein in Windows laufendes Bluetooth-Headset läuft einfach auch in Android.

So, und jetzt nochmal kurz zu der Linux-Software. Es gab ja in Windows 10 schon das WSL, also das Windows Subsystem for Linux. Das funktionierte aber nur auf der Kommandozeile. Windows 11 mit WSL2 beherrscht jetzt auch grafische Linux-Anwendungen. Die Installation ist supereinfach: Einfach in einer Adminstrator-Powershell „wsl –install -d Ubuntu“ eingeben. Nach dem Neustart kann man dann in Windows-Terminal mit einem Klick auf den Pfeil hier eine Linux-Shell öffnen und einfach mit „apt install“ software installieren. Zum Beispiel den grafischen Texteditor gedit: apt install gedit. Oder Firefox.

Tja und dann kann man so schöne Dinge tun wie drei unterschiedliche Firefoxe starten: Windows-Version, Android-Version und Linux-Version. Und in allen dreien ein Video abspielen. Läuft alles supergeschmeidig – und mein Rechner trotzdem nur so gähn mit unter 30% Prozessorauslastung.

So, jetzt aber zur großen Frage: Wozu das Ganze?? Erstmal: Weil’s technisch faszinierend ist und Spaß macht. Das ist ja durchaus auch ein wichtiger Faktor. Ein für alle geltendes, ernsthaftes Killerargument, warum man Android-Apps unter Windows nutzen will, habe ich bislang allerdings nicht gefunden: Es gibt ja für so gut wie alles Windows-Programme oder die Sachen laufen halt im Browser. Aaaber: Im Gespräch mit Leuten aus der c’t-Redaktion hatten viele irgendwelche ganz speziellen Anwendungen dafür: Zum Beispie so‘n Comic-Store, dessen Inhalte im Browser niedriger aufgelöst sind als in der Android-App. Oder irgendeine superspezielle Smart-Home-Steuer-App, die es nur als Android-App gibt. Wenn ihr noch gute Anwendungsbereiche für Android-Apps unter Windows wisst: Schreibt die sehr gerne in die Kommentare!

Das Gleiche gilt für Linux: Auch hier gibt es so gut wie alle Programme auch nativ unter Windows – aber es gibt doch immer wieder ganz persönliche individuelle Gründe, warum man das vielleicht gut gebrauchen kann. Anders verhält sich das auf der Kommandozeile: Das ist definitiv für alle praktisch, die irgendwas mit Servern oder Raspis oder so machen – dann kann man nämlich einfach direkt auf der Linux-Kommandozeile mit ssh arbeiten statt unter Windows mit Putty und Co zu frickeln.

Generell halte ich die Integration von Android und Linux für sehr clever von Microsoft. Man hat so bei der Nutzung von Windows das Gefühl von totaler Flexibilität, außer Apple-Zeugs kann man einfach alles problemlos starten. Ihr kennt das ja vielleicht: Ihr vergleicht die technischen Daten von zwei Geräten miteinander und das eine kann eine Sache mehr als das andere – ihr braucht diese Funktion im Moment gar nicht, aber ihr kauft trotzdem das Teil mit der Funktion mehr, denn man kann ja nie wissen. Und auf dieses Gefühl scheint Microsoft zu setzen: Ich weiß nicht, warum ich das haben will, aber es ist trotzdem gut, dass es da ist – wer weiß, wofür man das nochmal benutzen kann. Tschüss!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)