US-Forschung: Ruf nach riesigen Weltraumteleskopen und Konter gegen Europa

Alle zehn Jahre geht es in den USA um die weitere Ausrichtung der Weltraumforschung. Diesmal geht es auch darum, Europas Riesenteleskop etwas entgegenzusetzen.

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(Bild: National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine)

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US-Wissenschaftsorganisationen sollen nicht nur gleich drei große Weltraumteleskope entwickeln und bauen, sondern sich auch gezielt an zwei irdischen Teleskop-Projekten beteiligen, um bei der erdgestützten Astronomie nicht von Europa abgehängt zu werden. Das sind nur zwei der Vorschläge aus dem jüngsten sogenannten "Decadal Survey", für den die Dachorganisation der US-Wissenschaftsakademien Vorschläge von Forscherinnen und Forschern zusammenträgt, um die weitere Richtung von wichtiger Grundlagenforschung vorzuzeichnen. Alle zehn Jahre trägt die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine dafür "wissenschaftliche Prioritäten, Möglichkeiten und Finanzierungsvorschläge" zusammen, denen oft gefolgt wird.

Der jüngste Bericht trägt den Titel "Pathways to Discovery in Astronomy and Astrophysics for the 2020s" und kommt auf über 600 Seiten. Identifiziert werden drei besonders wichtige Bereiche der Erforschung des Weltraums, allen voran die Suche nach "erdähnlichen Planeten außerhalb des Sonnensystems" mit dem großen Ziel, Bilder von potenziell bewohnbaren Exoplaneten zu machen. Hinzu kommt die Erforschung der Entstehung von Schwarzen Löchern und Neutronensternen sowie der Geschehnisse in den frühesten Momenten unseres Universums. Als Drittes nennen die Autoren und Autorinnen die Erforschung des Wachstums von Galaxien. Dafür solle die NASA neue große Observatorien entwickeln, um an die Erfolge der "Great Observatories" Hubble, CGRO, Chandra und Spitzer anzuknüpfen.

Das größte Projekt, das in dem Bericht vorgeschlagen wird, ist ein Weltraumteleskop für Aufnahmen im infraroten, optischen und ultravioletten Spektrum, das deutlich größer sein soll, als Hubble. Es solle Exoplaneten abbilden können, die 10 Milliarden Mal lichtschwächer seien als ihre Sterne und spektroskopische Daten zu ihnen sammeln können. Zu solch einer großen, strategischen Mission mit einem derart ambitionierten Umfang sei nur die NASA fähig. Sie würde schätzungsweise 11 Milliarden US-Dollar kosten, könnte ab Ende des Jahrzehnts realisiert werden und in den 40er-Jahren starten. Darüber hinaus solle die NASA vorläufige Studien zu Weltraumteleskopen für das tiefe infrarote Spektrum und hochaufgelöste Röntgenaufnahmen anfertigen, mit Kosten zwischen drei und fünf Milliarden US-Dollar.

Als wichtigstes Projekt für die National Science Foundation der NASA werden in dem Bericht Investitionen in das Giant Magellan Telescope und das Thirty Meter Telescope epfohlen. Darüber könnten ein signifikanter Zugang für die US-Astronomiegemeinde zu den geplanten Riesenteleskopen sichergestellt werden. Nach ihrer Fertigstellung wären beide zwar kleiner als Europas Extremely Large Telescope in Chile, das 2028 die Arbeit aufnehmen soll. Wenn sie koordiniert forschen würden, könnten sie aber unter anderem mit ihren Standorten auf der Nord- und Südhalbkugel dafür sorgen, dass die USA ihre wissenschaftliche Führungsrolle trotz der großen Konkurrenz behalten könnte, heißt es. Bei beiden Teleskopen gebe es aber noch enorme Unsicherheiten, gestehen die Autoren und Autorinnen ein.

Abgesehen von solchen konkreten Rufen nach neuen wissenschaftlichen Instrumenten wird in dem Bericht auch anerkannt, dass es in der Forschung auf mehr ankommt. So wird beispielsweise ein ganzes Kapitel des Berichts dem Ziel gewidmet, die Wissenschaft diverser, gerechter und nachhaltiger zu machen. Denn die ethnische Diversität unter Universitätsangestellten in der Astronomie ist weiterhin, "entsetzlich", wie es an einer Stelle heißt. Der ganze Bericht mit vielen weiteren Vorschlägen kann kostenfrei heruntergeladen werden. US-Forschungsinstitutionen wie etwa die NASA haben bereits Reaktionen angekündigt.

(mho)