Webradio per Peer-to-Peer-Netz

PeerCast ermöglicht das Betreiben eines Web-Radiosenders mittels Gnutella-Technik.

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Von
  • Janko Röttgers

Bandbreitenkosten gehörten -- möglicherweise neben den Lizenzgebühren, zumindest für US-Sender -- bisher zu dem größten Problemen von Netzradio-Betreibern. Doch damit könnte bald Schluss sein: Seit dem Wochenende gibt es mit PeerCast ein einfach zu bedienendes Windows-Programm für Radio-Broadcasting auf Peer-to-Peer-Basis. PeerCast setzt dabei auf das Protokoll der Gnutella-Tauschbörse, um Streams von Client zu Client weiterzuleiten. Schon ein einfacher ISDN-Zugang reicht deshalb aus, um zahlreiche Hörer zu erreichen. Das P2P-Webradio hat dabei allerdings teilweise mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen: Nachdem am Samstag ein Hinweis auf PeerCast im Online-Magazin Slashdot erschien, konnte das Programm allerdings eine Weile nicht mehr genutzt werden. Nach Angaben des PeerCast-Programmierers Giles Goddard war der Router seines als Host-Catchers genutzten Servers unter dem Ansturm der Neugierigen ausgefallen. In den nächsten Tagen werde man die Last auf mehrere Server verteilen und den Betrieb damit stabilisieren, betonte Goddard gegenüber heise online.

Danach sollte es schon auf Grund der Netzwerkarchitektur keine größeren Ausfälle mehr geben. Gilles Goddard dazu: "Gnutella-basierte Peer-to-Peer-Netze sind sehr robust und recht gut skalierbar, weshalb ich nicht glaube, dass PeerCast Probleme mit zu vielen Nutzern bekommen könnte. Das Gleiche gilt für die Zahl der Hörer pro Sender." Bisher ist PeerCast allerdings noch nicht mit dem Gnutella-Netzwerk selbst verbunden, sondern setzt nur auf das Protokoll der Tauschbörse. Ans Gnutella-Netz wolle man erst andocken, wenn die Nutzerbasis dafür groß genug sei. Zudem verspricht Goddard für die nahe Zukunft Mac- und Linux-Versionen der Software sowie die Veröffentlichung des Source-Codes.

PeerCast ist nicht der erste Versuch, Peer-to-Peer-Technik für Streaming Media zu nutzen. Erst vor gut zwei Wochen veröffentlichte der britische Computerspiele-Programmierer Ian McLeod das P2P-Broadcasting-Programm Streamer. Im direkten Vergleich zu PeerCast erweist sich der Streamer bisher allerdings noch als ziemlich instabil. Schon seit längerem gibt es zudem eine ganze Reihe kommerzieller Anbieter von Streaming-Media-Lösungen auf Peer-to-Peer-Basis. So setzt beispielsweise Radio Free Virgin auf P2P-Techik der in Los Angeles ansässigen Firma Blue Falcon Networks. Nach Angaben des Blue-Falcon-CEOs Jay Haynes kann der Radioanbieter damit bis zu 75 Prozent seiner Bandbreitenkosten einsparen.

Für Hobby-Webcaster sind Programme wie PeerCast und Streamer nicht nur wegen des Bandbreiten-Aspekts interessant. Auch die im Juni festgelegten Gebühren für US-Internetradios könnten so manch einen Wohnzimmer-Funker dazu bringen, auf Peer-to-Peer-Technik umzusteigen. Netzradio-Anbieter müssen in den USA ab dem ersten September 0,07 Cents pro gesendetem Song und Hörer an Musiker und Plattenfirmen zahlen. Gilles Goddard sieht jedoch kaum eine Chance, dass Nutzer seines Programms dafür belangt werden können: "Sollte die RIAA etwa jeden Teilnehmer des Netzes als Broadcaster ansehen, weil er Daten aussendet? Dann hätten sie mit dem Eintreiben der Gebühren ganz schön viel zu tun." (Janko Röttgers) / (jk)