FBI soll verstärkt Internet überwachen

Die erweiterten Ermittlungsbefugnisse der US-amerikanischen Bundesbehörde FBI werden künftig auch auf den Cyberspace ausgedehnt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 231 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die US-amerikanische Bundesbehörde FBI steht offenbar kurz vor einer bedeutenden Ausweitung ihrer Ermittlungsbefugnisse. Künftig soll es FBI-Agenten erlaubt sein, jegliche Kommunikation, die über das Medium Internet geführt wird, zu überwachen. Auch die Auswertung und Speicherung von Personendaten, die aus öffentlich zugängigen Datenbeständen stammen, soll erlaubt werden. Verdachtsunabhängig dürften die Agenten künftig auch wieder politische Veranstaltungen belauschen. Bislang ist es dem FBI untersagt, heimlich an politischen Veranstaltungen teilzunehmen, es sei denn, es liegen konkrete Hinweise darüber vor, dass dabei Straftaten verabredet werden. Das Senate Judiciary Committee in Washington prüft derzeit entsprechende neue FBI-Richtlinien, die vergangene Woche vom US-Justizministerium eingebracht wurden.

Bürgerrechtler und Online-Aktivisten befürchten unterdessen einen Rückfall in die Verhältnisse der 50er und 60er Jahre, als im Eifer der Bekämpfung des Kommunismus unzählige Dossiers über US-Büger mit Hinweisen zu deren politischen und religiösen Einstellungen angelegt wurden. "Ich habe mich immer dagegen gesträubt, Leute davor zu warnen, ihre politischen Meinungen im Web zu artikulieren", sagt Jim Demsey vom Center for Democracy and Technology (CDT) in Washington. Mit der Umsetzung der neuen Befugnisse müsse man nun jedoch damit rechnen, dass das FBI künftig jeden Surfer als potenziellen Terroristen einstuft und überwacht, der anti-amerikanische Postings ins Netz stellt. Zuletzt hatten die Bürgerrechtler in den USA gegen die FBI-Praxis protestiert, bei Internet Service Providern (ISP) die Schnüffel-Software Carnivore zu installieren. Das "Fleischfresser"-Programm analysiert den E-Mail-Verkehr des ISP und soll laut FBI die digitalen Botschaften von Verdächtigen herausfiltern können. Die jetzt geplante Lausch-Offensive hingegen umfasst die ganze Internet-Kommunikation von Beiträgen in Foren über Chatrooms bis hin zur Überwachung von Messaging-Diensten.

Befürworter der neuen FBI-Richtlinien argumentieren damit, dass nach dem 11. September "im Namen der Bekämpfung des Terrorismus" jedes Mittel recht sein müsse, künftigen Schaden von den USA abzuwenden. Bislang sei es FBI-Beamten zum Beispiel gar nicht erlaubt, öffentliche Suchdienste im Internet in Anspruch zu nehmen. "Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass jeder Schülerzeitungs-Redakteur besser mit der Internet-Recherche vertraut ist als ermittelnde FBI-Beamte", resümierte Gordon Crovitz von Dow Jones jüngst im Wall Street Journal. Crovitz hatte den Fall des Anfang des Jahres in Pakistan entführten und später ermordeten Journalisten Daniel Pearl aufgegriffen und festgestellt, dass die FBI-Ermittlungen häufig durch unzureichende Befugnisse bei der Auswertung von relevanten Informationen verschleppt wurden.

Viele Politiker in den USA sehen in der Ausweitung der Kontrollbefugnisse staatlicher Behörden einen "notwendigen Preis für mehr Sicherheit", den der Bürger bereit sein müsse, zu zahlen. Zudem widersprächen die geplanten Ausweitungen der FBI-Befugnisse nicht der Verfassung der Vereinigten Staaten. "An den neuen Richtlinien ist nichts verfassungswidrig. Was sollte am Erstellen eines Dossiers illegal sein?", fragt beispielsweise Roger Pilon vom radikalliberalen Cato Institute. Für Pilon ist es die erste Pflicht einer Staatsregierung, ihre Bürger vor Bedrohungen zu schützen. Die Überwachung der Internet-Kommunikation durch das FBI sei nicht viel mehr als ein Kontrollgang, den ein Polizist täglich durch sein Revier führt.

US-Präsident George W. Bush hat unterdessen die Schaffung eines neuen Ministeriums für nationale Sicherheit und die Einrichtung eines Super-Geheimdienstes angekündigt, der künftig über dem FBI und der CIA thronen soll und möglichst alle mit der Bekämpfung von Terrorismus zusammenhängenden Informationen erhalten und auswerten soll. Pannen wie im Vorfeld der Anschläge von New York und Washington will die US-Regierung so künftig vermeiden. In den vergangenen Wochen waren zahlreiche Vorwürfe laut geworden, dass die Anschläge möglicherweise hätten verhindert werden können, wenn die Koordination zwischen FBI und CIA besser funktioniert hätte. So war zum Beispiel die Brisanz eingegangener Informationen zu Flugübungen potenzieller Terroristen einhellig unterschätzt worden. Auch soll ein FBI-Angestellter vor zwei Jahren Daten des E-Mail-Überwachungssystem Carnivore irrtümlicherweise gelöscht und damit möglicherweise wertvolle Hinweise auf die Terror-Organisation von Osama Bin Laden vernichtet haben.

Mehr zum neuen Ministerium für nationale Sicherheit und dem darin integrierten Super-Geheimdienst im Artikel Und die Lösung ist: ein neues Ministerium auf Telepolis. (pmz)