Zahlen, bitte! Der Earth Similarity Index und die Suche nach der zweiten Erde

Um auf einen Blick zu zeigen, welche Exoplaneten der Erde am ähnlichsten sind, gibt es seit zehn Jahren den Earth Similarity Index. Einige kommen ziemlich nah.

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Auch wenn unter den schon fast 5000 Exoplaneten, die um andere Sterne gefunden wurden, die fremdartigsten und exotischsten Welten sind, regt wohl nichts die Fantasie so sehr an wie die Frage, ob es da draußen eine zweite Erde gibt. Dieser Faszination können sich auch Forscherinnen und Forscher nicht entziehen, obwohl wir mit gegenwärtiger Technik gar nicht sicher feststellen könnten, ob auf einem erdähnlichem Exoplaneten tatsächlich Leben existieren könnte – geschweige denn existiert. Um aber zumindest schon einmal zu verdeutlichen, welche Exoplaneten der Erde nach unserem Wissensstand am ähnlichsten sind, gibt es seit nunmehr zehn Jahren den "Earth Similarity Index" (ESI). Die Ähnlichkeit zur Erde wird anhand der teils sehr wenigen bekannten Daten ermittelt und als einzelne Zahl zwischen 0 und 1 angegeben – bislang kommt nur die Erde auf 1.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Vorgeschlagen wurde der Index von einem Team um Dirk Schulze-Makuch (damals Washington State University, jetzt TU Berlin) als offener Parameter, um den Vergleich von (Exo-)Planeten zu vereinfachen und in den wachsenden Datensätzen die interessanten Objekte identifizieren zu können. Der ESI soll demnach aus zwei Teilen berechnet werden, der Erdähnlichkeit des Inneren des Exoplaneten – also aus Radius und Dichte – ("Interior ESI") sowie der Verhältnisse an der Oberfläche ("Surface ESI"). Als erdähnlich gilt jeder Exoplanet, bei dem sich aus beidem ein Wert über 0,8 ergibt – die sind aus Gestein und haben gemäßigte Temperaturen. Weil die Lebensfreundlichkeit aber auch von anderen Faktoren abhängt, könne auch ein Exoplanet mit einem Wert zwischen 0,6 und 0,8 habitabel sein – der Mars kommt auf 0,7.

Immer wieder aktualisierte Listen der Exoplaneten, die laut ihrem Wert im ESI am erdähnlichsten sind, unterhält das Planetary Habitability Laboratory der Universität Puerto Rico am Standort Arecibo. Eine konservativere Auflistung – Radius zwischen 0,5 und 1,6 Erdradien sowie Masse zwischen 0,1 und 3 Erdmassen – kommt aktuell auf 21 Exoplaneten mit einem ESI von mindestens 0,58. Ganz oben landet hier Teegardens Stern b mit einem ESI von 0,95, über 0,9 erreichen auch TOI-700 d, Kepler-1649 c und TRAPPIST-1 d. Sie sind zwischen 12 und 300 Lichtjahren von uns entfernt. Insgesamt 13 der Exoplaneten hier kommen auf einen ESI von über 0,8. Von den 21 Exoplaneten auf dieser Liste sind nur zwei kleiner als die Erde, der Rest ist größer. Für einen Umlauf um ihre Sterne brauchen die Himmelskörper zwischen 4 und 267 Tagen.

Die erdähnlichsten Exoplaneten, sortiert nach ihrem ESI-Wert

(Bild: PHL @ UPR Arecibo)

Eine weitere Liste nennt das Labor die "optimistische Auswahl". Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Gesteinsplaneten handelt und dass es auf der Oberfläche flüssiges Wasser geben kann, sei für die dort aufgeführten Himmelskörper geringer. Die dort aufgelisteten Exoplaneten kommen auf 1,6 bis 2,5 Erdradien beziehungsweise 3 bis 10 Erdmassen. Der höchste ESI hier liegt bei 0,83 (Kepler-452 b, Kepler-62 e und Kepler-1652 b). Insgesamt umfassen beide Listen aktuell 59 "potenziell habitable Exoplaneten". Einer ist bezüglich seiner Größe mit dem Mars vergleichbar, 20 sind es mit der Erde, 38 werden als Supererden beziehungsweise Mini-Neptuns geführt – das könnten also auch kleine Gasplaneten sein, die es in unserem Sonnensystem nicht gibt.

Alle bekannten Exoplaneten (und ein paar Planeten) in der Nähe der beziehungsweise in ihrer jeweiligen habitablen Zone

(Bild: PHL @ UPR Arecibo)

Es sieht also nicht so aus, als ob unter den bekannten Exoplaneten bereits eine zweite Erde ist, auch wenn es nicht ausgeschlossen ist. Mit neuen Messdaten fallen immer wieder Exoplaneten von den Listen, während andere hinzukommen. Beispielsweise gingen anlässlich des jüngsten Updates gleich 11 Exoplaneten verloren, inzwischen ist klar, dass es dort zu heiß ist für Leben. Gleichzeitig kamen aber vier neue hinzu.

Wer einen noch umfangreicheren Überblick sucht, für den gibt es im "Katalog der bewohnbaren Exoplaneten" noch Visualisierungen der Positionen der bekannten Exoplaneten um ihre Sterne. Hier sind unter anderem auch jupiterähnliche Gasriesen in den habitablen Zonen ihrer Sterne aufgeführt. Die haben zwar keine Oberfläche, wo in flüssigem Wasser Leben entstehen könnte – aber womöglich feste Monde. Eine weitere Karte zeigt, wo am Nachthimmel die potenziell bewohnbaren Exoplaneten gefunden wurden – vor allem natürlich vom Weltraumteleskop Kepler.

Die potenziell bewohnbaren Exoplaneten und ihre Position am Sternenhimmel, links oben die von Kepler ins Visier genommene Region

(Bild: PHL @ UPR Arecibo)

(mho)