Biontech: Omikron reduziert Corona-Impfwirkung – doch die Booster wirken

Labortests des Pharmaunternehmens zeigen, dass bei zwei Impfungen mit höheren Impfdurchbrüchen durch die neue Variante zu rechnen ist, nicht jedoch bei drei.

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Soldat wird geimpft

Impfkampagne, hier in den USA.

(Bild: US-Kriegsmarine/Sean M. Castellano)

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Eine doppelte Dosis des Impfstoffs Comirnaty von Pfizer-Biontech kann das Omikron-Virus nur bedingt aufhalten. Das zeigen erste Labortests in Südafrika und Deutschland. Daher könnten entweder eine Auffrischungsimpfung oder ein neuer Impfstoff benötigt werden.

Die Omikron-Variante wurde bekanntermaßen im letzten Monat in Südafrika entdeckt. Da sie eine große Anzahl genetischer Veränderungen enthält, sagten Wissenschaftler bereits voraus, dass sie der Schutzwirkung bisheriger Impfstoffe entgehen könnte, die allesamt auf der ursprünglichen Version Alpha von SARS-CoV-2 basieren.

Nun liegen die ersten Laborergebnisse vor, und sie deuten darauf hin, dass die Fähigkeit der Antikörper gegen das ursprüngliche Virus, Omikron zu blockieren, stark abnimmt: Die Tests zeigen, dass die Wirksamkeit um den Faktor 25 bis 40 abnimmt. Diese Ergebnisse spiegeln eine "dramatische Verringerung" des Schutzes wider, räumt Uğur Şahin ein, CEO von Biontech, der sich in dieser Woche auf einer Pressekonferenz äußerte. Dabei lässt die neutralisierende Wirkung der Antikörper nach – ob sich dies auch in schwereren Krankheitsverläufen äußert, ist unklar.

Menschen, die zwei Impfungen erhalten haben, gelten derzeit in den meisten Ländern als "vollständig geimpft". Die neue Variante scheint sich dem Impfschutz besser zu entziehen als alle anderen bisher bekannten Varianten des Virus wie etwa das aktuell vorherrschende Delta. "Omikron ist eine viel stärkere Ausweichvariante", so Şahin. Die gute Nachricht ist allerdings, dass die Ergebnisse bei Personen, die eine Booster-Auffrischung in Form einer dritten Dosis des Impfstoffs von Pfizer-Biontech erhalten hatten, viel besser waren. In diesem Fall war die Fähigkeit des Impfstoffs, das Coronavirus zu blockieren, im Wesentlichen wiederhergestellt.

Die Laborergebnisse dürften viele Regierungen dazu veranlassen, Auffrischungsimpfungen anzubieten. In den USA haben etwa alle über 18-Jährigen seit dem 19. November Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung, in Deutschland ist dies schon länger so. Doch es gibt viele Länder, in denen die Impfstoffvorräte weiterhin begrenzt sind.

Sollte sich Omikron weit verbreiten, werden Regierungen und Unternehmen auch entscheiden müssen, ob sie Boten-RNA-Impfstoffe wie den von Biontech aktualisieren lassen, um die Variante direkt zu bekämpfen. Die Impfstoffe wirken, indem sie Teile des viralen Spike-Gens durch den Zellapparat des Impflings produzieren und so eine Immunreaktion auslösen. Da die Omikron-Spike-Version mit mehr als 30 Mutationen gegenüber der Alpha-Variante erstaunlich unterschiedlich ist, würde ein neuer Impfstoff mit seinem spezifischen genetischen Code besser gegen sie wirken.

Biontech hat nach eigenen Angaben bereits einen Omikron-Impfstoff entwickelt und könnte bis März seinen gesamten Herstellungsprozess umstellen. "Das Einzige, was sich ändert, ist der Bauplan der neuen Variante", sagt Şahin. "Wir können mit der Produktion beginnen und dann entscheiden, ob wir umstellen." Bislang ist jedoch noch unklar, ob ein neuer Impfstoff wirklich erforderlich ist oder welche Art von Schaden Omikron tatsächlich anrichten kann.

Denn selbst zwei mRNA-Impfstoffdosen könnten noch verhindern, dass die Variante Menschen tötet. Das liegt daran, dass Impfstoffe nicht nur über Antikörper, sondern auch über langlebige Gedächtniszellen, einschließlich T-Zellen, Immunität erzeugen. Die Mutationen von Omikron liegen größtenteils nicht in Bereichen, auf die die von Biontech untersuchten T-Zellen abzielen. Aus diesem Grund, so Şahin, könnten zwei Dosen Biontech/Pfizer immer noch eine ernsthafte Erkrankung verhindern – auch wenn es noch ein oder zwei Monate dauern wird, bis man das genau weiß.

Andere Labors kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf den Impfstoff von Biontech, der wie die Konkurrenz von Moderna aktuell in zwei Dosen verabreicht wird. Am Dienstag beschrieb ein südafrikanisches Labor einen, wie es sagte, "erheblichen" Abfall der Fähigkeit der durch den Impfstoff gebildeten Antikörper, die neue Variante zu blockieren – zumindest im Blut von Patienten.

"Es gibt einen sehr starken Rückgang bei der Neutralisierung von Omikron", so Alex Sigal von der Universität von KwaZulu-Natal. Das südafrikanische Team verwendete Proben von Omikron, um menschliche Lungenzellen in ihrem Labor zu infizieren. Dann fügten sie Blutserum von 12 Personen hinzu, die mit dem Biontech-Impfstoff geimpft worden waren – darunter auch einige, die bereits eine Infektion durchgemacht hatten.

Wie Biontech stellten auch diese Forscher fest, dass die Fähigkeit der geimpften Personen, das Virus zu neutralisieren, sehr stark reduziert war. Bei zuvor infizierten Personen, die ebenfalls geimpft worden waren, war der Rückgang jedoch wesentlich geringer – und die Antikörper in ihrem Blut konnten das Virus immer noch gut bekämpfen.

Für Sigal waren die neuen Ergebnisse zwar unschön, aber nicht so schlecht, wie ursprünglich befürchtet. Da Omikron so viele Mutationen aufweist, fragten sich einige Wissenschaftler gar, ob es immer noch denselben Rezeptor, ACE-2, benutzt, um in Zellen einzudringen. Sigals Team fand heraus, dass dies der Fall ist, was bedeutet, dass bestehende Impfstoffe und Behandlungen immer noch relevant bleiben.

"Das war besser, als ich erwartet hatte", schrieb Sigal auf Twitter. "Die Tatsache, dass es immer noch den ACE-2-Rezeptor braucht und dass der Impfausbruch unvollständig bleibt, bedeutet, dass es ein lösbares Problem ist."

(bsc)