IAEA: Belarus macht Fortschritte im Umgang mit Atomkraft

Das Atomkraftwerk Ostrovets steht in der Kritik, weil Block 1 ans Netz ging, ohne dass wichtige Probleme gelöst waren. Nun waren Experten der IAEA vor Ort.

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Belarussisches AKW Ostrovets.

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Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) bescheinigt Belarus, seinen regulatorischen Rahmen für nukleare Sicherheit in den vergangenen fünf Jahren erheblich verbessert zu haben. Zu diesem Schluss kam die IAEA nach einem neun Tage dauernden Besuch einer Gruppe von acht Regulierungsexperten aus acht Ländern in dem osteuropäischen Land. Es gebe aber noch Nachbesserungsbedarf.

Belarus hat im November 2020 in Ostrovets, 130 km nordwestlich der belarussischen Hauptstadt Minsk und 45 km von der litauischen Hauptstadt Vilnius entfernt, den ersten Reaktor des Landes in Betrieb genommen. Er ist ein Druckwasserreaktor der russischen Bauart VVER mit 1100 MW elektrischer Leistung. Am gleichen Standort will Belarus 2022 einen zweiten Reaktorblock in Betrieb nehmen. Außer zur Energieerzeugung nutzt Belarus laut IAEA Atomtechnik auch in industriellen und medizinischen Einrichtungen.

Vor fünf Jahren hatte schon einmal eine damals 16-köpfige Gruppe des Integrated Regulatory Review Service der IAEA Belarus besucht und einige Nachbesserungen gefordert. Vor einer IRRS-Mission bewertet sich ein Mitgliedsstaat hinsichtlich seines Gesetzes-, Vollzugs- und Organisationsrahmens der nuklearen Sicherheit atomtechnischer Anlagen, das IRRS-Team prüft diese anschließend. 2016 hatte es unter anderem von Belarus verlangt, die Sicherheitspolitik und die Strategie für die Entsorgung radioaktiver Abfälle zu entwickeln, Vorschriften konsistenter zu fassen und die Mitarbeiter der belarussischen Atomaufsicht Gosatomnadzor fortzubilden. Auch sollten die Arbeitsabläufe für behördliche Überprüfungen, Bewertungen und Genehmigungen verbessert werden.

Inzwischen habe Gosatonmadzor eine nationale Politik und Strategie für Atomsicherheit entwickelt, schreibt die IAEA. 2020 trat in Belarus ein Gesetz über Strahlensicherheit in Kraft, in dem unter anderem die staatlichen Zuständigkeiten für Notfälle geklärt werden. Insofern sei Belarus den Empfehlungen der Experten nachgekommen, allerdings nicht in dem Punkt der Schulungen für Gosatomnadzor-Mitarbeiter, in denen sie für "technische Herausforderungen" vorbereitet würden. Die Frage des Umgangs mit radioaktiven Abfällen wird in der aktuellen IAEA-Mitteilung nicht thematisiert.

Das belarussische AKW Ostrovets wird in der EU kritisch gesehen. Das Europaparlament äußerte im Februar dieses Jahres in einer Entschließung "äußerst ernsthafte Bedenken", da der erste Block des AKW in Betrieb gegangen war, ohne dass die Betreiber die internationalen Empfehlungen zur Sicherheitsüberprüfung vollständig umgesetzt hätten. Die Einwohner von Vilnius wurden mit Jod-Tabletten versorgt, um für einen GAU in Ostrovets einigermaßen vorbereitet zu sein.

Das internationale Netzwerk Institute for War and Peace Reporting kritisierte im Juni dieses Jahres, das von Rosatom in Ostrovetz gebaute Werk sei trotz wiederholter Notabschaltungen und des ungelösten Abfallproblems genehmigt worden, dafür habe der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko gesorgt. In Finnland betrage die Evakuierungszone im Falle eines atomaren Unfalls 1000 km, in Belarus 15 km.

(anw)