Grünes Label für Atomkraft: EVP dafür, Grüne im Europaparlament dagegen

Das EU-Parlament hat zum Vorschlag der EU-Kommission, Atomkraft und Erdgas als nachhaltig einzustufen, mitzureden. Dort deuten sich verschiedene Meinungen an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 43 Kommentare lesen

Das Atomkraftwerk Unterweser wurde 2011 abgeschaltet und wird nun rückgebaut.

(Bild: PreussenElektra)

Lesezeit: 3 Min.

Manfred Weber (CSU), Vorsitzender der 175 Abgeordnete umfassenden EVP und damit der größten Fraktion im Europaparlament, befürwortet den Vorschlag der EU-Kommission für eine Taxonomie-Verordnung, laut dem Atomkraft und Erdgas als begünstigte Investitionen angesehen werden sollen. "Jeder, der realistisch auf die Energiebedarfe blickt, weiß, dass es ohne die beiden Brückentechnologien in der EU insgesamt nicht gehen wird", sagte der CSU-Politiker Manfred Weber der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung.

Die EU habe sich das große Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Nun tue man gut daran zu respektieren, dass jeder seinen Weg gehe, das gemeinsame Ziel zu erreichen, sagte Weber. Die Gruppe der Grünen im Europaparlament, die dort mit 75 Abgeordneten die viertgrößte der insgesamt sieben Fraktionen bilden, antworten Weber auf Twitter, "eine Technologie, die kommenden Generationen tonnenweise radioaktiven Müll hinterlässt, kann keine Brückentechnologie sein. Greenwashing von #Atomkraft unter dem Deckmantel des Klimaschutzes ist fatal".

Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag für die Taxonomie-Verordnung am Silvesterabend 2021 vorgelegt. Der Europäische Rat und das Europaparlament können nun jeweils mit Mehrheit dagegen Einwände erheben.

Kurz nach der Veröffentlichung der Kommission schrieb die EVP-Fraktion in einer Mitteilung, sie erkenne die Rolle an, die Atomkraft als kohlenstoffarme Technik im nationalen Energiemix spielen könne, sofern ausreichend für die höchsten Sicherheitsstandards sowie für die Stilllegung gesorgt werde.

Erdgas ist nach Ansicht der EVP die sauberste fossile Energiequelle, die Gasinfrastruktur könne künftig für den Transport von grünem Wasserstoff verwendet werden, der ein enormes Potenzial als Energieträger in Verkehr und Industrie habe. Die europäischen Grünen meinen hingegen, auch Erdgas habe in der Taxonomie nichts zu suchen. Zudem haben sie gegen das Vorhaben der EU-Kommission eine Online-Petition eingerichtet, die bisher gut 100.000-mal unterschrieben wurde.

Der französische EU-Abgeordnete Pascal Canfin von der mit 101 Abgeordneten drittgrößten Fraktion der liberalen Renew Europe hatte im November 2021 argumentiert, Gas könne einen positiven Beitrag zur Energiewende leisten, wenn es die Kohle in der Stromerzeugung ersetzt. Der massive Strombedarf durch den Übergang zur Elektromobilität und zu saubereren industriellen Prozessen mit grünem Wasserstoff mache die Atomkraft als Backup für die Erneueraben Energieträger notwendig. Allerdings seien strikte Auflagen notwendig und Transparenz, damit die Anleger wüssten, in welche Technik sie investierten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Joachim Schuster, wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, die Teil der 145 S&D-Abgeordneten sind, der zweitgrößten Fraktion im Europaparlament, sagte kürzlich im Deutschlandfunk, Erdgas werde als Brückentechnologie benötigt. Es sei aber falsch, die Atomkraft in der Taxonomie zu berücksichtigen, denn sie sei angesichts der langen Bauzeiten und der tausende Jahre strahlenden Abfälle keine Übergangstechnologie. "Wir haben nicht die Pest ausgerottet, indem wir die Cholera gefördert haben", sagte Schuster.

Mehr Infos

(anw)