Kfz-Versicherung mit KI: Allianz regelt Kaskoschäden zunehmend automatisiert

Die Allianz-Versicherungsgruppe experimentiert seit Herbst mit Künstlicher Intelligenz bei der Einschätzung von Blechschäden und will diesen Bereich ausbauen.

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Mann telefoniert um einen Autounfall mit zwei Fahrzeugen zu melden.

(Bild: Monkey Business Images/Shutterstock.com)

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Bei der Allianz Deutschland entscheidet eine Künstliche Intelligenz (KI) verstärkt über die Abwicklung selbst verschuldeter kleiner Unfälle. Der Versicherungskonzerne setze seit Ende 2021 eine KI zur Bearbeitung von Kaskoschäden ein, erklärte Christopher Iwanowski, Leiter der Abteilung Schadenentwicklung bei dem Münchner Unternehmen, gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Die ersten Erprobungswochen seien erfolgreich verlaufen.

Blechschäden etwa beim Ausparken, wo eine kleine Unachtsamkeit mit Berührungspunkten zu anderen Fahrzeugen oder Bäumen sowie in Folge rasch zu einer beschädigten Stoßstange oder Kratzern führt, werden Versicherungen häufig gemeldet. Sie sind dann in der Regel für die Schadenssteuerung zuständig. Auch wenn sie am Ende bei einer Vollkaskoversicherung meist zumindest die Reparaturkosten erstatten, verschlingt der Regulierungsprozess doch jede Menge Zeit und Geld.

Die Allianz will Geschäftsverfahren dieser Art laut dem Bericht der FAZ künftig möglichst allein mithilfe selbstlernender Algorithmen bewältigen, die in Daten Muster erkennen. Seit Beginn des Testbetriebs im Oktober habe der Konzern etwa 30.000 Schadenfälle durch die KI prüfen lassen. Das bisherige Fazit falle positiv aus: Vollkaskoschäden mit geringer Komplexität könnten bereits vollständig automatisiert geregelt werden, und zwar binnen eines Tages.

"Der Kunde fotografiert den Schaden, schickt uns die Bilder über sein Smartphone, und die KI kalkuliert die Reparaturkosten", erläuterte Iwanowski. Auf Wunsch des Kunden könne bei dieser Neuerung der Betrag sofort überwiesen werden, ohne dass ein Sachbearbeiter eingeschaltet werde. Bei fast 1000 der so kalkulierten Schadenfälle seien die Kriterien für das Angebot der Sofortauszahlung erfüllt gewesen. Komplexere Fälle leite das Programm an einen menschlichen Sachbearbeiter weiter. Iwanowski könne sich angesichts dieser guten Ergebnisse eine Ausweitung des Pilotprojekts und zusätzliche Anwendungsbereiche für KI-Systeme bei der Allianz vorstellen.

Der Versicherungssektor gilt als einer der Vorreiter beim Einsatz von Techniken zur Analyse großer Datenmengen und KI-Praktiken wie Maschinenlernen. Vollautomatisiert waren vor wenigen Jahren bestimmte Entscheidungsprozesse aber nur bei 34 von insgesamt 550 hierzulande staatlich beaufsichtigten Versicherungsunternehmen, teilte die Bundesregierung 2018 mit. Dabei sei es vor allem um Verfahren der Schadenbearbeitung oder der Risikoeinschätzung gegangen.

Die R+V-Versicherung etwa nutzte demnach bereits frühzeitig KI-Software, um tausende bei ihr eingehende Schreiben pro Tag auf die Kundenzufriedenheit zu analysieren. Elf Versicherer waren dem Finanzministerium damals geläufig, die individuelle Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung anbieten, bei denen das Fahrverhalten überwacht wird. Dazu gehörten neben der Allianz etwa HUK-Coburg, die Mercedes-Benz-Bank in Kooperation mit der HDI-Versicherung, Signal Iduna und die Sparkassen-Versicherung. Datenschützer warnen, dass bei solchen Offerten in der Regel sehr detaillierte, sensible Informationen erhoben und umfangreiche Bewegungsprofile erstellt werden.

(olb)