Philippsburg will gegen Lagerung von Atommüll aus Frankreich klagen

Bis 2024 sollen bis zu fünf Castor-Behälter des Typs HAW28M aus La Hague ins Zwischenlager Philippsburg zurückgeführt werden. Dagegen will die Gemeinde klagen.

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Ein Castor-Behälter des Typs HAW28M in einem Schiffsfrachtraum.

(Bild: GNS)

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Die Stadt Philippsburg will juristisch gegen die geplante Zwischenlagerung von Atommüll aus Frankreich vorgehen. Der parteilose Bürgermeister Stefan Martus sagte am Mittwoch, der Gemeinderat habe am Vortag in einer nicht öffentlichen Sitzung beschlossen, alles für eine Klage vorzubereiten.

Deutschland hatte sich im Juni 2021 mit Frankreich auf einen neuen Weg zur Rücknahme von Castoren mit hochradioaktivem Atommüll geeinigt. Bis 2024 sollen bis zu fünf Behälter des Typs HAW28M aus dem französischen La Hague ins Zwischenlager Philippsburg im Landkreis Karlsruhe zurückgeführt werden. Hintergrund ist eine völkerrechtliche Vereinbarung, nach der Deutschland seinen im Ausland wiederaufgearbeiteten Atommüll zurücknehmen muss.

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hatte am 8. Dezember 2021 für das Zwischenlager Philippsburg auch die Aufbewahrung von verfestigten mittelradioaktiven Abfällen in Einheitsgebinden CSD-B (MAW-Glaskokillen) gestattet, die aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken in bis zu fünf Transport- und Lagerbehältern der Bauart Castor HAW28M kommen werden (PDF).

Das 2007 eröffnete Zwischenlager sei nur bis 2047 genehmigt, sagte nun Martus. Weil ein Atommüllendlager in Deutschland aber erst später komme, sei dieses Datum – schon heute absehbar – nicht zu halten. "Es kann nicht einfach eine Änderung für Philippsburg erteilt werden, ohne dass über das Ende nachgedacht wird." Deswegen wolle die Stadt mit dem Klageweg ein Zeichen setzen, sagte er. "Am Ende des Tages werden wir wohl nicht drumrumkommen, irgendwas zu nehmen, weil der Bund das will."

Anfangs sei der Stadt immer versprochen worden, nur der Atommüll aus den hiesigen Atomkraftwerken werde auch dort lagern, sagte Martus. Beide Reaktoren des Karlsruher Energieversorges EnBW sind vom Netz und werden seit 2017 beziehungsweise 2020 im rückgebaut. Dieser Vorgang wird nach Einschätzung des Unternehmens jeweils 10 bis 15 Jahre dauern.

"Mengenmäßig soll bis 2024 etwas weniger Atommüll nach Philippsburg zurücktransportiert werden, doch dafür handelt es sich um hochradioaktive und nicht mehr um mittelradioaktive Abfälle", hieß es im Juli 2021 aus Philippsburg nach einer Sitzung des Gemeinderats mit Vertretern der "Gesellschaft für Zwischenlagerung" (BGZ). Die Menge an Radioaktivität solle insgesamt unverändert bleiben. In der Sitzung wurden Befürchtungen geäußert, ob es jemals irgendwo ein Endlager geben werde oder ob das Philippsburger Zwischenlager als "vorläufiges Endlager" erhalten bleibe.

Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) hatte vergangenes Jahr anlässlich der Vereinbarung zwischen Deutschland und Frankreich erklärt, das Land übernehme damit die Verantwortung für die radioaktiven Altlasten der atomaren Energieerzeugung.

Die Castor-Behälter HAW28M bestehen aus einem dickwandigen Gusseisengrundkörper mit Kugelgrafit sowie einem Doppeldeckel mit Metalldichtungen. Über einen in den Sekundärdeckel eingebauten Druckschalter, der an das Lagerbehälterüberwachungssystem des Zwischenlagers angeschlossen wird, soll der Druck im Sperrraum zwischen den Primär- und Sekundärdeckelmetalldichtungen überwacht werden, sodass signalisiert wird, wenn die Dichtheit nachlässt.

In den Deckeln und an dem Behälterboden sind zur Neutronenabschirmung Polyethylenplatten eingelassen. Ebenfalls zur Neutronenabschirmung sind in der Behälterwand zwei Reihen Polyethylenstäbe eingesetzt. Um Zerfallswärme abzuführen, hat die Oberfläche des Behältermantels radiale Kühlrippen. Die Außenflächen sind mit Ausnahme der Bauteile, die aus Edelstahl ge- fertigt sind, mit einem dekontaminierbaren Anstrich versehen.

(anw)