Linux-Kernel und Open-Source-Lizenz: Netfilter-Klagen nur noch mit Mehrheit

Über Jahre verklagte der Netfilter-Mitentwickler Patrick McHardy Firmen wegen Lizenzverletzungen. Ein Vergleich hat dem Treiben jetzt ein Ende gesetzt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Aufmacherbild McHardy Netfilter juristischer Vergleich

(Bild: netfilter.org / Public Domain)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • David Wolski

Das Netfilter-Team des Linux-Kernels, das sich um den Paketfilter Netfilter/Iptables kümmert, hat mit einem ehemaligen Mitglied einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, um Einzelgänge bei lizenzrechtlichen Klagen zu unterbinden. Der Entwickler Patrick McHardy, bis 2013 Vorsitzender des Netfilter-Teams, zerrte vorzugsweise in Deutschland in mindestens fünfzig Fällen Firmen wegen Lizenzstreitigkeiten um Netfilter und den Linux-Kernel vor Gericht.

Dieses Vorgehen ist unüblich und widerspricht den vereinbarten Prinzipien der Kernel-Entwickler, der Linux Foundation und der Stiftung "Software Freedom Conservancy", nach denen eine gütliche Einigung immer den Vorzug gegenüber dem Rechtsweg haben sollte. Der letzte bekannte Fall in der Serie von Klagen und Unterlassungsaufforderungen landete 2018 vor Gericht und endete mit einer Niederlage für McHardy. Die zuletzt beklagte Firma Geniatech Europe GmbH verwies dabei auf andere Verfahren von McHardy mit 1,8 Millionen Euro Streitwert und schätzte die verhängten Zahlungen an McHardy damals auf rund 2 Millionen Euro.

Für die Linux Foundation gilt der Rechtsweg stets als Ultima Ratio, sollte ein Unternehmen gegen die GNU General Public License verstoßen. Es entstand der Eindruck, Patrick McHardy wolle sich einfach als Copyright-Troll persönlich bereichern: Nur ein Teil des Iptables-Codes stammt von diesem Entwickler, welcher dennoch mit millionenschweren Klagen gegen Firmen vor Gericht zog, um zumindest eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

Vom Netfilter-Team wurde Patrick McHardy deshalb schon 2016 suspendiert, nachdem er den Kontakt abgebrochen und seit Jahren nicht auf Anfragen reagiert hatte. Um Copyright-Trollen aus den eigenen Reihen die Grundlage zu entziehen, hatten unter anderem Linus Torvalds und Greg Kroah-Hartmann zusammen mit der Linux Foundation die GNU General Public License 2 des Kernel-Quellcodes um das "Enforcement Statement" ergänzt. Diese Ergänzung in Form einer Entwicklervereinbarung gibt Firmen ausreichend Zeit, Lizenzverstöße auszuräumen, ohne gleich mit Klagen rechnen zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt war Patrick McHardy aber schon nicht mehr aktiv in der Kernel-Entwicklung.

Um weitere Alleingänge zur persönlichen Bereicherung zu unterbinden, schloss das Netfilter-Team Anfang Ende 2021 mit Patrick McHardy am Landgericht Mannheim einen gerichtlichen Vergleich, der Anfang der Woche veröffentlicht wurde. Demnach bedarf es ab jetzt vor juristischen Schritten wegen Lizenzverstößen immer einer Abstimmung mit Mehrheit im aktiven Netfilter-Team.

Dieser verbindliche Vergleich umfasst nicht nur zukünftige Rechtsstreitigkeiten, sondern auch Verstöße gegen die GPL in der Vergangenheit, welche Netfilter/Iptables betreffen. Der Code findet sich weiterhin in zahlreichen Linux-basierten Embedded-Systemen mit Netzwerkfähigkeiten. In vielen Fällen jedoch ohne Veröffentlichung des Quellcodes und der Beilage der GPL seitens des Herstellers, was diese Lizenz jedoch vorschreibt.

(dmk)